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Bogenschießen => Allgemein => Thema gestartet von: Cayuga am April 08, 2019, 08:26:01 Nachmittag

Titel: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 08, 2019, 08:26:01 Nachmittag
Man sagt ja, lesen bildet, aber ich bilde mir gerade ein, dass ich immer mehr verwirrt bin. In "Das große Pfeilebuch" von Dietmar Vorderegger und Thomas Meine habe ich nun folgendes gelesen, wozu ich mal Eure Einschätzung hören würde:

"Vergrößert man die Standhöhe, wird der Pfeil mehr gestaucht und damit weicher, vermindert man diese, wird der Pfeil weniger gestaucht und damit härter."

Irgendwie leuchtet mir das nicht ein und im Internet lese ich meist das Umgekehrte. Wie ist das denn nun?

Große Standhöhe = Höheres Zuggewicht, aber geringere Pfeilgeschwindigkeit (weniger Zeit zur Beschleunigung) = Pfeil reagiert dynamisch weicher ???
Geringe Standhöhe = Niedrigeres Zuggewicht, aber höhere Pfeilgeschwindigkeit (mehr Zeit zur Beschleunigung) = Pfeil reagiert dynamisch härter ???

Wer bringt hier mal Licht ins Dunkel

Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Stringwistler am April 08, 2019, 09:27:38 Nachmittag
Also meiner Meinung nach ist das vom Vorderegger das du oben geschrieben hast falsch.
Ich hab kürzlich erst so einen Fall bei meinem Jensbow Radden gehabt (Test dazu folgt bald).
Der Bogen ist ca. 1mm vor Mitte geschnitten, also Spitze mit Shelf bei einem 5/16" Pfeil mit 30,5" Länge steht ca. 3cm aus der Mitte.   
Ich schieß 500er mit knapp 160gn vorne drauf.
Die Standhöhe gibt Jens bei dem Hybriden mit 7,25" vor.
Mir ist aber trotzdem ständig der Rohschaft durchs 1. Paradoxon an die Fensterkante geschlagen.
Daraufhin habe ich erst Spitzengewicht mehr und schließlich sogar weniger probiert... nix...
Erst Standhöhe Erhöhung auf etwas über 7,5 -7,65" hat Abhilfe geschaffen.
Weil ich das nicht ganz wahr haben wollte, hab ich dann den Rohschaft mit 7,25" und 7,65" durchs Chrony geschossen und was denkst du?
Jep... mit 7,25" war der Pfeil sogar 2ft. schneller, wenn er mal nicht angeschlagen ist.
Aber fürs Paradoxon mit meinem Ablass wohl unschießbar.... vielleicht lass ich da echt die Sehne zu sehr über die Finger rollen...  ;)

Ob jetzt ein Pfeil weniger oder mehr gestaucht wird, ist für mich zumindest unerheblich.
Es kann bei zu niedrigerer Standhöhe aber den Ablauf des Paradoxons negativ beeinflussen.
Mag sein, daß es da vom Hybriden zu Recurve noch etwas Unterschied gibt.  :GoodJob:
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: roscho am April 08, 2019, 10:13:36 Nachmittag
Hier mal ein Bild dazu nach meinem Verständnis

https://discussions.texasbowhunter.com/showpost.php?s=87d43ce3acc9194f4bad49bd1d8e9f9e&p=12435130&postcount=6
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: grumpf am April 08, 2019, 10:24:20 Nachmittag
Ich versuch mal Licht ins Dunkel zu bringen:

Große Standhöhe: Das Aufspannen des Bogens geht schwerer, da man die Wurfarme stärker zusammen drücken muss. Der Bogen hat eine höherer Vorspannung. Nehmen wir dazu mal folgendes an:
Standhöhe: ca. 9" bzw. genau 0,2286 m (gemessen wie beim bestimmen der Auszugslänge)
Auszug: ca. 28" bzw. genau 0,7112 m (gemessen wie beim bestimmen der Auszugslänge)
Zuggewicht bei 28": 35# bzw. genau 155,68 N
Der Einfachheit halber ist die Auszugskurve linear. Dann ergibt sich beim Auszug des Bogens von Standhöhe 9" auf 28" ein Energieaufwand bzw. dann im Bogen gespeicherte Energie von
0,5 * 35# * (28" - 9") = 0,5 * 155,68 N * (0,7112 m - 0,2286 m) = 0,5 * 155,68 N * 0,4826 m = 37,57 Joule

Kleine Standhöhe: Das Aufspannen des Bogens geht etwas einfacher, da man die Wurfarme weniger stark zusammen drücken muss. Der Bogen hat eine geringere Vorspannung. Nehmen wir dazu mal folgendes an:
Standhöhe: 7" bzw. genau 0,1778 m (gemessen wie beim bestimmen der Auszugslänge)
Auszug wieder: 28" bzw. genau 0,7112 m (gemessen wie beim bestimmen der Auszugslänge) - bleibt gleich
Zuggewicht bei 28": 35 Pfund bzw. genau 155,68 N
Der Einfachheit halber ist die Auszugskurve linear. Dann ergibt sich beim Auszug des Bogens von Standhöhe 7" auf 28" ein Energieaufwand bzw. dann im Bogen gespeicherte Energie von
0,5 * 35# * (28" - 7") = 0,5 * 155,68 N * (0,7112 m - 0,1778 m) = 0,5 * 155,68 N * 0,5334 m = 41,52 Joule

Daraus folgt: Wenn ich einen Bogen mit geringer Standhöhe auf meine 28" Auszugslänge ausziehe muss ich mehr Energie aufwenden. D.h. beim Lösen wird mehr Energie an den Pfeil abgegeben. Er wird also schneller. Damit ist der Pfeil dynamisch zu weich. Für einen sauberen Pfeilflug braucht man also bei geringerer Standhöhe einen steiferen Pfeil.

Fazit:
hohe Standhöhe -> weniger Energie im Bogen bei Auszug auf 28" -> langsamerer Pfeil -> geringerer Spine wird benötigt
geringe Standhöhe -> mehr Energie im Bogen bei Auszug auf 28" -> schnellerer Pfeil -> höherer Spine wird benötigt

Ende der Bogenphysik am Abend und viele Grüße  :bow:

grumpf
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: stöckchenschubser am April 08, 2019, 10:27:40 Nachmittag
Soo pauschal kannst man das nicht sagen.
Ein Bogen wirkt optimal in einem eng bemessenen Bereich, in diesem Bereich der Standhöhe mögen diese Aussagen zutreffen, außerhalb davon verkehren sie sich gerne ins Gegenteil.


Man sagt dann, z.B. Standhöhe hoch, wenn man hoch schießt, zum korrigieren. sprich Pfeil langsamer.


Das angesprochen Stauchen hat nichts mit der Pfeilgeschwindigkeit zu tun, erst mal.
Es bezieht nur auf den ersten Druck, den der Pfeil von der Sehne erhält.
Sprich je höher das Zuggewicht, z.B. durch Erhöhung der Standhohe, lässt den Pfeil zu weich erscheinen, weil der erhöhte Druck den Schaft stärker staucht.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Prime am April 08, 2019, 11:06:01 Nachmittag
Wenn ich Roschos Link richtig interpretiere, ist die Erklärung relativ einfach.

 Man kann jeden Kraftvektor in 2 Komponenten zerlegen, den x- und y-Anteil. Der X-Anteil entspricht der Kraft zur Seite und der viel größere  Y-Anteil der Kraft nach vorne.
Je niedriger die Standhöhe, desto größer ist der Winkel zwischen Pfeil und einer gedachten Linie zwischen Nocke und Bogenmitte (also praktisch der Weg den die Sehne später zurücklegt). Oder anders ausgedrückt zeigt der Pfeil weiter nach außen.
Damit erhöht sich die Kraft die den Pfeil zur Seite drückt (die X-Komponente des Vektors) und die Biegung wird stärker

Wobei das dann aber nur im letzten Teil der Beschleunigung sein kann, am Anfang bleibt der Winkel durch den gleichen Shelf/Button und die gleiche Auszugslänge gleich.

Gruß Andre
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: roscho am April 09, 2019, 08:11:33 Vormittag
Die Standhöhe ist ja nicht beliebig variabel - jeder Hersteller (den ich kenne) gibt einen bestimmten Bereich vor, so von einen 1/4" bis 1".

Das Zuggewicht ändert sich dabei um 2 bis 3# (maximal).

@grumpf: deine Physik ist natürlich richtig - aber die Änderungen sind viel zu gering um gleich eine andere (zumindest Carbon) Spinegruppe zu benötigen.

Viel wichtiger im Tuningbereich "Standhöhe" ist der "Sweet Spot" des Bogens, also der Bereich in dem der Bogen am optimalsten (für den einen Schützen) funktioniert, d.h. am leisesten ist und die besten Gruppen produziert.

Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: aquadrat am April 09, 2019, 08:32:25 Vormittag
 :agree:

Ich konnte bei meinem Setup keinen eindeutigen Unterschied beim Rohschaft zwischen 8, 8,5 und 9'' Standhöhe ausschießen. Bei 8,5'' ist mein persönlicher Sweetspot.

Gruß, Andi
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 09, 2019, 08:34:33 Vormittag
Ich bin noch nicht ganz fit, aber schon mal herzlichen Dank an Alle für Eure Antworten. Ich fasse schon mal die ersten Ergebnisse zusammen, da ich bei einem Punkt feststelle, dass sowohl Vorderegger als auch alle hier im Forum sich einig sind. Wenn wir stöckchenschubsers Einwand beachten, dass wir uns in einem eng bemessenen (vom Hersteller vorgegebenen) Wert befinden, dann sagen Vorderegger, Stringwistler und grumpf, dass eine geringere Standhöhe zu einem schnelleren Pfeilflug führt. Also:

Erstes Zwischenfazit:
Geringere Standhöhe = schnellerer Pfeilflug
Höhere Standhöhe = langsamerer Pfeilflug


Bei roschos Link und Primes Interpretation bin ich nicht so ganz sicher, ob das passt. Was hier nicht beachtet wurde, ist dass die Sehne nicht in der Bogenmitte verbleibt. Die Sehne schwingt in der Realität nach links und rechts, weil sie schlichtweg von der Nocke mitgenommen wird. Dazu gibts einige Videos im Netz, die das zeigen.

grumpfs Berechnung und seine kleine Einführung in die Bogenphysik finde ich klasse und spannend, auch wenn ich hin und wieder mit Physik meine Schwierigkeiten habe, aber in Mathe recht gut bin.
@ grumpf: Woher kommt die 0,5 in Deiner Formel?
Meine größten Probleme mit dieser Herangehensweise habe ich aber mit der Annahme, dass das Zuggewicht gleich bleibt, wenn ich die Standhöhe verändere. Vorderegger behauptet ja, dass genau das nicht so ist. Ich werde das nachher mal - soweit das mit meinem Equipment geht - nachprüfen. Danach können wir ja nochmals mit grumpfs Formel rechnen.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 09, 2019, 08:43:41 Vormittag
@ roscho und aquadrat: Ihr habt natürlich recht mit dem Sweetspot und mein Thread soll auch nicht dazu dienen, dass jemand nicht passende Pfeile mittels Standhöhe passend macht. Mir geht es um das grundsätzliche Verständnis und die Frage, ob im Internet zigfach falsche Infos stehen (weil jeder von jedem kopiert) oder ob sich Vorderegger einfach vertan hat. Neben dem Verständnis kann natürlich beim Feintuning (unterstellt, dass der Schütze einen sehr sauberen Schießstil hat) ein Problem beim Finden des richtigen Schaftes (zwischen zwei Spinegruppen und auch mittels Spitzengewicht, Kürzen, evtl. dickere oder dünnere seitliche Pfeilanlage nicht gelöst) über Experimentieren mit der Standhöhe gelöst werden. Dazu benötigt es aber das richtige Wissen. Und ich bin mir sicher, dass unsere Schwarmintelligenz hier im Forum das Wissen hat und ich will es herauskitzeln.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: carpe noctem am April 09, 2019, 09:08:11 Vormittag


Erstes Zwischenfazit:
Geringere Standhöhe = schnellerer Pfeilflug
Höhere Standhöhe = langsamerer Pfeilflug



Oder wie es zB. in der Anleitung für Stu Millers spine calculator steht: Pfeil leicht zu weich, Standhöhe erhöhen; Pfeil leicht zu steif Standhöhe verringern.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 09, 2019, 09:22:43 Vormittag
Oder wie es zB. in der Anleitung für Stu Millers spine calculator steht: Pfeil leicht zu weich, Standhöhe erhöhen; Pfeil leicht zu steif Standhöhe verringern.

Und genau das ist ja der Widerspruch. Vorderegger behauptet ja genau das Gegenteil. Bisher sind wir uns nur beim Speed einig, aber nicht bei der Auswirkung auf den dynamischen Spine. Ich denke - wenn Vorderegger recht hat - dann müssen wir nach Pfeilgeschwindigkeit und nach Zuggewicht trennen, was aber oft in einen Topf geworfen wird. Aber vielleicht ist ja auch der Österreicher auf dem Holzweg.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Absinth am April 09, 2019, 09:38:48 Vormittag
Oder wie es zB. in der Anleitung für Stu Millers spine calculator steht: Pfeil leicht zu weich, Standhöhe erhöhen; Pfeil leicht zu steif Standhöhe verringern.

Und genau das ist ja der Widerspruch. Vorderegger behauptet ja genau das Gegenteil. Bisher sind wir uns nur beim Speed einig, aber nicht bei der Auswirkung auf den dynamischen Spine. Ich denke - wenn Vorderegger recht hat - dann müssen wir nach Pfeilgeschwindigkeit und nach Zuggewicht trennen, was aber oft in einen Topf geworfen wird. Aber vielleicht ist ja auch der Österreicher auf dem Holzweg.


Du könntest ihn ja mal kontaktieren und hören - was, sie genau meinten - mit dem was du zitiert hast und zur Geschwindigkeit allgemein steht im Zitat nix. Nur mal so...   ;-)


BG. Absinth
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: testjan am April 09, 2019, 09:42:52 Vormittag
Ich erinnere mich an ein Video eines amerikanischen Händlers, der hauptsächlich olympisches Recurve- und Compoundequipment testet.
Der meinte mal sinngemäß ganz lapidar, dass ihm die Standhöhe völlig Wumpe sei, ist sie höher, steigt das Zuggewicht, ist sie niedriger, hat das eine höhere Geschwindigkeit zur Folge. Der Effekt sei aber (in den Auswirkungen auf die Pfeilauswahl) derselbe.
 :o
Ich habe das nicht weiter hinterfragt, dafür fehlt mir auch der physikalische Zugang. So wie er es erklärt hat, klang es nachvollziehbar und plausibel. Und Ahnung hat er auf jeden Fall, der macht den ganzen Tag nichts anderes...
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: grumpf am April 09, 2019, 11:45:32 Vormittag
@roscho:
Stimmt, man braucht keine andere (Carbon)-Spinegruppe. Physikalisch/theoretisch benötigst Du einen anderen dynamischen Spine bei geänderter Standhöhe. In der Praxis fällt es in die Spinetoleranz Deines Bogen, oder eine minimale Änderung im Spitzengewicht (vermutlich weniger als 5 grain) oder der Schaftlänge (vermutlich weniger als 1/4"). Ich habe das nicht mit Stu durchgerechnet.

@Cayuga:
Die im Bogen gespeicherte Energie ist die Fläche unter der Auszugskurve zwischen Standhöhe und Auszug (im Beispiel 28"). Bei dem angenommen linearen Auszug ist die Auszugskurve eine Gerade, die bei der Standhöhe startet (0#) und bei 28" Auszug 35# erreicht. Die Fläche unter der Geraden ist ein rechtwinkliges Dreieck. Die Fläche des Dreiecks ist 0,5 * Breite (hier: Auszug von Stanhöhe zu 28") * Höhe (hier: Zugewicht bei 28" - also im Beispiel 35#).

@Cayuga und carpe noctem:
Da ist kein Widerspruch zwischen Stu Miller und Vorderegger. Ziel ist es bei beiden, Pfeil und Bogen im Rahmen des FINETUNINGS aufeinander abzustimmen. Es kommt auf die Betrachtungsweise an:
Stu Miller: Mein Pfeil ist etwas zu weich, also mache ich durch das Erhöhen der Standhöhe meinen Bogen etwas langsamer. Betrachtung der Fragestellung aus Sicht des Pfeils!
Vorderegger: "Vergrößert man die Standhöhe, wird der Pfeil mehr gestaucht und damit weicher, ..." - Soll heißen: Ich habe die Standhöhe erhöht, also brauche ich einen (dynamisch) weicheren Pfeil für den idealen Pfeilflug. Durch das Ändern der Standhöhe ändere ich NICHTS am Pfeil, aber am Gesamtsystem PFEIL und BOGEN. Das ganze ist bei Vorderegger evt. etwas unglüchlich ausgedrückt.

Ergo aktualisiertes/präzieseres Fazit:
hohe Standhöhe -> weniger Energie im Bogen bei Auszug (z.B. auf 28") -> langsamerer Pfeil -> (minimal) geringerer (dynamischer) Spine wird benötigt
geringe Standhöhe -> mehr Energie im Bogen bei Auszug(z.B.  auf 28") -> schnellerer Pfeil -> (minimal)) höherer  (dynamischer) Spine wird benötigt

Liebe Grüße
grumpf

P.S: Und mit guter Daumentechnik sollte man dieses Problem nicht haben.  :bow:

Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 09, 2019, 12:57:23 Nachmittag
Oder wie es zB. in der Anleitung für Stu Millers spine calculator steht: Pfeil leicht zu weich, Standhöhe erhöhen; Pfeil leicht zu steif Standhöhe verringern.

Und genau das ist ja der Widerspruch. Vorderegger behauptet ja genau das Gegenteil. Bisher sind wir uns nur beim Speed einig, aber nicht bei der Auswirkung auf den dynamischen Spine. Ich denke - wenn Vorderegger recht hat - dann müssen wir nach Pfeilgeschwindigkeit und nach Zuggewicht trennen, was aber oft in einen Topf geworfen wird. Aber vielleicht ist ja auch der Österreicher auf dem Holzweg.


Du könntest ihn ja mal kontaktieren und hören - was, sie genau meinten - mit dem was du zitiert hast und zur Geschwindigkeit allgemein steht im Zitat nix. Nur mal so...   ;-)


BG. Absinth

Doch, dass mit der Pfeilgeschwindigkeit steht etwas weiter unten im Buch. Ich hatte dies nur in meinem Eröffnungsthread nicht zitiert.

@ grumpf: Und hier ist auch der Widerspruch zwischen Vorderegger und Stu Miller. Vorderegger trennt nach Pfeilgeschwindigkeit und nach Zugstärke. Im Prinzip leuchtet mir das auch schon fast ein. Bei geringer Standhöhe hat der Pfeil mehr Zeit, Geschwindigkeit aufzunehmen. Die Durchbiegung entsteht ja durch die Masseträgheit, also dadurch, dass der Pfeil zunächst nicht oder nur minimal beschleunigt. Die Durchbiegung geht m.E. ja eher darauf zurück, dass auf die Nocke eine Kraft wirkt. Diese Kraft ist das Zuggewicht im Vollauszug, kurz nachdem ich gelöst habe. Hier hat der Pfeil aber noch nicht wirklich Geschwindigkeit.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 09, 2019, 06:13:47 Nachmittag
So, nun hier die Ergebnisse meiner Tests, wie sich die Standhöhe auf das Zuggewicht auswirkt

Versuchsaufbau und Test-Equipment

Bogen:       Langbogen Bodnik Cayuga
Sehne:       Stringwistler FF+ Flämisch Spleiß 12+4 Strang
Checker:    Cartel
Messpfeil:  Selbstgemacht (Holzschaft mit Zoll-Skala)
Zugwaage: Soehnle digitale Kofferwaage mit LB-Anzeige
Sonstiges:  Zwei haushaltsübliche Wäscheklammern, um bei 28 Zoll einen Anschlag zu haben

Vorgehensweise
Der Bogen hat eine empfohlene Standhöhe von 7 Zoll. Henry meinte, man kann ihn auch bei 6 ¾ Zoll gut schießen. Zwischen 7 und 7 ½ Zoll dürfte der normale Bereich liegen. Ich habe also zunächst getestet zwischen 6 ¾ und 7 ¾ Zoll. Später habe ich nach den Ergebnissen noch eine Messung zur Kontrolle mit nur 6 ½ Zoll drangehangen. Die Sehne wurde jeweils aus- oder eingedreht, der Bogen 2 x geschossen und nochmals die Standhöhe nachgemessen und ggf. minimal korrigiert. Zunächst gemessen von 6 ¾ aufwärts bis 7 ¾ Zoll. Wie gesagt, später noch die 6 ½ gemessen. Zur Messung jeweils den Bogen mittels Messpfeil und Anschlag (Klammern) genau auf 28 Zoll ausgezogen und mit der digitalen Kofferwaage die Ergebnisse ermittelt. Es wurden je Standhöhe 3 Messungen durchgeführt und ich habe jeweils den Median aufgeschrieben (i.d.R. waren zwei von 3 Messungen identisch).

Ergebnisse meines pseudowissenschaftlichen Tests  ;)

   Standhöhe    Zuggewicht
        6,50''               36,6#
        6,75''               36,6#
        7,00''               36,8#
        7,25''               37,0#
        7,50''               37,0#
        7,75''               37,0#

FAZIT

Entgegen den meisten Behauptungen im Internet und entgegen dem Stu Miller nimmt das Zuggewicht mit größerer Standhöhe zu, hier insbesondere im rot markierten Bereich zwischen 6,75 und 7,25 Zoll, also um die empfohlene Standhöhe von 7 Zoll herum. Verringere ich die Standhöhe weiter unter diese Spanne, bzw. erhöhe ich sie weiter über diese Spanne, verändert sich das Zuggewicht nicht mehr. Allerdings verändert sich das Zuggewicht nur minimal. Wir reden gerade mal von 0,54%, also m.E. vernachlässigbar.

Grundsätzlich hat dann Didi Vorderegger recht, dass eine größere Standhöhe das Zuggewicht steigen lässt und damit der Pfeil dynamisch weicher wird. Allerdings nur einen ganz winzigen Tick. Zuvor war schon unstrittig, dass eine geringere Standhöhe (trotz etwas niedrigern Zuggewichts) den Pfeil schneller werden lässt (was wohl am längeren Beschleunigungsweg liegt)
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Waldgeist am April 09, 2019, 07:05:59 Nachmittag
Schon Leonardo daVinci meinte ja: Versuch macht kluch!
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Franky am April 09, 2019, 08:07:39 Nachmittag
Ich habe keinen Unterschied bei einer Witwe mit Standhöhe 8 Zoll oder 9 Zoll in Bezug zur Geschwindigkeit gemessen.
Dieser Versuch hat mich damals darauf gebracht:

https://www.youtube.com/watch?v=yvjuZL_fdw0
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: PanTau am April 09, 2019, 09:57:07 Nachmittag
Also in meinem Stu Miller steht:
•    If the arrow is slightly weak (lower dynamic spine) for     
           what the bow needs, then lower the brace height.

•    If the arrow is slightly stiff (higher dynamic spine) for   
          what the bow needs, then raise the brace height.

Ich habe das immer so verstanden, dass ich, wenn der Pfeil ein wenig zu steif ist, ich die Standhöhe vergrößere, wenn der Pfeil etwas zu weich ist, verringere ich sie. Mithin meint Stu, dass ein Bogen mit höherer Standhöhe den steiferen Pfeil fordert, der gleiche Bogen mit geringerer Standhöhe den weicheren Pfeil.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 10, 2019, 10:47:35 Vormittag
Nach meinem Test ist das falsch und Vorderegger sieht das auch so wie ich, also genau andersrum wie Stu Miller
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Absinth am April 10, 2019, 12:51:37 Nachmittag
Nach meinem Test ist das falsch und Vorderegger sieht das auch so wie ich, also genau andersrum wie Stu Miller

Wirklich? Vergleiche mal bitte "das Ergebnis" der beiden folgenden Aussagen...


...
Grundsätzlich hat dann Didi Vorderegger recht, dass eine größere Standhöhe das Zuggewicht steigen lässt und damit der Pfeil dynamisch weicher wird. ...


Also in meinem Stu Miller steht:
...

•    If the arrow is slightly stiff (higher dynamic spine) for   
          what the bow needs, then raise the brace height.

...


;-)


Beste Grüße,
Absinth
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Puck am April 10, 2019, 02:54:48 Nachmittag
Nun ja, die Aussagen widersprechen sich in keinster Weise sie sagen genau das Gleiche aus!!!

 Wenn der Pfeil  zu steif ist (höhere dynamische spine) für     
 den Bogen, erhöhe die Standhöhe! (dann wird der Pfeil weicher)

Grundsätzlich hat dann Didi Vorderegger recht, dass eine größere Standhöhe das Zuggewicht steigen lässt und damit der Pfeil dynamisch weicher wird. ...

Die Aussagen widersprechen sich in keinster Weise, sie sagen genau das Gleiche aus!!!
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Waldgeist am April 10, 2019, 03:49:04 Nachmittag
So sehe ich das ja auch, aber ...   :new:
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Stringwistler am April 10, 2019, 03:58:02 Nachmittag
Ich bin noch nicht ganz fit, aber schon mal herzlichen Dank an Alle für Eure Antworten. Ich fasse schon mal die ersten Ergebnisse zusammen, da ich bei einem Punkt feststelle, dass sowohl Vorderegger als auch alle hier im Forum sich einig sind. Wenn wir stöckchenschubsers Einwand beachten, dass wir uns in einem eng bemessenen (vom Hersteller vorgegebenen) Wert befinden, dann sagen Vorderegger, Stringwistler und grumpf, dass eine geringere Standhöhe zu einem schnelleren Pfeilflug führt. Also:

Erstes Zwischenfazit:
Geringere Standhöhe = schnellerer Pfeilflug
Höhere Standhöhe = langsamerer Pfeilflug


Bei roschos Link und Primes Interpretation bin ich nicht so ganz sicher, ob das passt. Was hier nicht beachtet wurde, ist dass die Sehne nicht in der Bogenmitte verbleibt. Die Sehne schwingt in der Realität nach links und rechts, weil sie schlichtweg von der Nocke mitgenommen wird. Dazu gibts einige Videos im Netz, die das zeigen.

grumpfs Berechnung und seine kleine Einführung in die Bogenphysik finde ich klasse und spannend, auch wenn ich hin und wieder mit Physik meine Schwierigkeiten habe, aber in Mathe recht gut bin.
@ grumpf: Woher kommt die 0,5 in Deiner Formel?
Meine größten Probleme mit dieser Herangehensweise habe ich aber mit der Annahme, dass das Zuggewicht gleich bleibt, wenn ich die Standhöhe verändere. Vorderegger behauptet ja, dass genau das nicht so ist. Ich werde das nachher mal - soweit das mit meinem Equipment geht - nachprüfen. Danach können wir ja nochmals mit grumpfs Formel rechnen.

Daß das Zuggewicht bei Verringerung der Standhöhe mehr wird, hab ich nicht gesagt... Auch nimmt die Nocke nicht die Sehne mit, eher beeinflusst die Sehne die Nocke durch das Abrollen über den Fingern. Diese seitliche Schlingerbewegung der Sehne nennt man Paradoxon. Daraus resultiert eine zusätzliche Seitenbewegung der Nocke, die wiederum das Durchbiegen des Pfeils um den Shelf beeinflusst. Dieses Durchbiegen kann man nach hinten oder vorne mit niedrigerer oder höherer Standhöhe beeinflussen. Daß sich das unmittelbar auf 1-2 lb. Veränderung des Zuggewichts auswirkt, ist da erst mal 2.rangig.

Daß sich bei höherer Standhöhe das Zuggewicht erhöht, mag bei den meisten Bögen richtig sein, die Leistung allerdings und speziell bei Recurves, die dann nicht mehr voll abrollen können, verringert sich dann aber auch merklich...
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 10, 2019, 04:01:17 Nachmittag
mea culpa. Ich habe nicht richtig nachgedacht. Also gilt, was ich in der Eröffnung geschrieben habe (dort noch mit Fragezeichen): 

Große Standhöhe = Höheres Zuggewicht, aber geringere Pfeilgeschwindigkeit (weniger Zeit zur Beschleunigung) = Pfeil reagiert dynamisch weicher

Geringe Standhöhe = Niedrigeres Zuggewicht, aber höhere Pfeilgeschwindigkeit (mehr Zeit zur Beschleunigung) = Pfeil reagiert dynamisch härter


Damit sind sich Vorderegger, Stu Miller, viele aus unserem Forum und mein kleiner Test einig. Aber Achtung: in den meisten Einträgen im Internet steht das mit dem Zuggewicht andersrum.
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: roscho am April 10, 2019, 04:37:26 Nachmittag
 :agree: ;)

Ist doch schön wenn das Forum geholfen hat ;)
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Franky am April 10, 2019, 05:01:55 Nachmittag
mhh das mit dem schnelleren Pfeil ist lt meiner Messung und dem Video bei geringerer Standhöhe Fiktion  ;)
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Absinth am April 10, 2019, 05:09:25 Nachmittag
@Cayuga: Alles gut... und hier geht es auch nicht darum, wer richtig oder wer falsch... - sondern, um gemeinschaftlichen Austausch unter Freunden die Spaß am   :bow:   und am   :fire:   haben...   :beer:



Einen habe ich noch dazu...

...
Grundsätzlich hat dann Didi Vorderegger recht, dass eine größere Standhöhe das Zuggewicht steigen lässt...


Vermutlich war dies vor Jahren so und traf für alle Bögen zu - welche der Didi damals in der Hand hatte  ;-)  .!? Auch wird es bei vielen Bögen heute noch so sein - aber ich empfehle, dies sollte man heute nicht verallgemeinern und man sollte sich schon bemühen ein Auszugsprotokoll zum betreffenden Bogen erstellen und dies auch bei unterschiedlichen Standhöhen - wenn ich eine solche Aussage tätige. Die Auszugscharakteristik verschiedener Bögen (Hybrid-, Lang- und Recurvebögen) und auch bei unterschiedlicher Standhöhe werden sich mit Nichten gleichen.

Was ich jedenfalls für meine ACS-Bögen sagen kann ist, dass ich einen "leicht" zu harten Pfeil, durch die Verringerung der Standhöhe, auf die Mitte der Scheibe bekomme (ich bewege mich aber immer im Bereich der angegebenen Standhöhe von min. 6,75 - 7,25 Zoll). Und warum? Naja, wegen der Erhöhung des Beschleunigungsweges (auch wenn er in meinen Fall äußerst gering ausfällt), Physik halt, der User grumpf hat es ja vorgerechnet und klar, dies wird bei anderen Bögen eventuell auch anders aussehen...   8)   +   :upsidedown:


Beste Grüße,
Absinth


Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Cayuga am April 10, 2019, 05:18:22 Nachmittag
@Cayuga: Alles gut... und hier geht es auch nicht darum, wer richtig oder wer falsch... - sondern um gemeinschaftlichen Austausch, unter Freunden, die Spaß am   :bow:   und am   :fire:   haben...   :beer:

............

Beste Grüße,
Absinth

So habe ich das auch grundsätzlich verstanden. Wenn ich mich vertue gehört es aber zu meinen persönlichen Werten und ist für mich selbstverständlich, dass ich Fehler zugebe und korrigiere. Ich sehe das wie roscho und freue mich dass das Forum geholfen hat.

So, und nun aber  :beer: Prost Bogenfreunde
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: Stringwistler am April 10, 2019, 06:22:05 Nachmittag
mhh das mit dem schnelleren Pfeil ist lt meiner Messung und dem Video bei geringerer Standhöhe Fiktion  ;)

So darfst du das auch nicht sehen.
Du musst da eher einen Recurve sehen mit normal passender Standhöhe und dann sehr hoher Standhöhe.
Da wird das Zuggewicht auf den Fingern zwar immer deutlich höher liegen, aber die Restbeschleunigung für den Pfeil fehlen, deshalb ist der Pfeil mit passender Standhöhe schneller...
Titel: Re: Standhöhe und die Auswirkung auf den dynamischen Spine - ich bin verwirrt
Beitrag von: BowLaw am April 10, 2019, 07:42:48 Nachmittag
Das mit der zu hohen Standhöhe und dem langsamen Pfeil kann man sich ja eigentlich an einem Beispiel gut vorstellen.

Man nehme einen Bogen und eine vieeeeel zu kurze Sehne.
Die Sehne ist so kurz, dass der Bogen quasi aufgespannt ist, als wenn man ihn voll ausgezogen hätte.

Dann kann man vielleicht noch 3" an der Sehne zerren (von Auszug 28" bis Auszug 31" beispielsweise), aber wenn man den Pfeil loslässt, dann wird er sicher nicht weit kommen.