Bogenschießen > Target Panic

Leben und Treffen mit Target Panic

(1/23) > >>

Svarrow:
Als traditioneller Schütze verstand ich intuitives Zielen wohl von Anfang an falsch: während des gesamten Schussablaufs fokussierte ich den Pfeil - „Become The Arrow“ eben. Mit zunehmender Routine wurden die Abläufe unbewusster, das Lösen damit einhergehend unkontrollierbarer. Spe-ziell in Stresssituationen kam ich schließlich vor allem bei geringen Distanzen selbst mit Willensan-strengung nicht mehr in den Vollauszug. Weitschüsse waren hingegen kein Problem: Diese gelan-gen mir von Anfang an ja nur mit sehr bewusstem Schussablauf, impulsives Lösen konnte sich da nie entwickeln!
Interessant – wenn auch hinsichtlich der Heilungsprognose eher frustrierend - war die Auseinandersetzung mit dem vielschichtigen Symptom Taget Panic. Neben den Threads hier im Forum seien z. B. auch die praxisnahen Ausführungen unter https://www.bogenladen-collenberg.de/target-panic/ empfohlen. Der verbreitete Rat, sich mittels Blindschüsse bzw. ohne Zielauflagen schuss-technisch neu zu konditionieren war allerdings nutzlos – gerade ohne Zielen bzw. ohne Löseabsicht war mein Schussablauf ja einwandfrei!
Ich berichte mal, wie ich nach vielen Versuchen jetzt pragmatisch mit der Zielangst umgehe. Ich bin jedoch noch mittendrin und interessiert, Erfahrungen mit anderen Betroffenen auszutauschen.

1.   Am Anfang stand die Entscheidung, die volle Kontrolle über den Schussablauf und insbe-sondere das Lösen zu bekommen, und zwar über ein komplett neues Setting. Dafür sollten die einzelnen Phasen mental voneinander getrennt werden, insbesondere das Zielen. Denn ohne Zielen kein Target - und ohne Target keine Panic!

2.   Zunächst habe ich meinen Auszug verändert. Ich ziehe den Pfeil nicht mehr auf das Ziel ausgerichtet horizontal nach hinten auf, sondern mit einem betont dynamischem „swing draw“. Ohne Fixierung auf das Ziel gelingt dies ohne Lösereflex – und ist zudem kräfte-schonend, wichtig auch im Hinblick auf den nächsten Punkt.
 
3.   Statt mit dem Mittelfinger am Mundwinkel ankere ich jetzt hinter dem unteren Kieferbo-gen, unverrückbar „eingerastet“ in der Kuhle zwischen Daumen und Zeigefinger. So ist auch hier kein Mogeln mehr möglich, sondern allein ein zu 100% definierter Status, erreichbar zudem nur mit leichtem überziehen.
 
4.   Mit dem tieferen Anker verschob sich die Ausrichtung der Pfeile und damit die Trefferlage nach oben. Um den Unterschied zu verringern, habe ich den Sehnengriff von mediterran auf 3-Unter verändert. Nicht notwendig, als neue Konfiguration im Hinblick auf die Neu-konditionierung aber wohl eher vorteilhaft.

Weil ich bis hierher nicht das Ziel fokussiere, gibt es keine unkontrollierten Reflexe. Ich komme zuverlässig in den Vollauszug, in Verbindung mit dem festen, satten Anker schon mal ein sehr gutes Gefühl! Zudem ziehe ich eineinhalb Zoll weiter aus, die Schüsse haben also mehr „Wumm“.
 
5.   Um mit der nun beginnenden Fokussierung des Ziels impulsives Lösen zu vermeiden, brin-ge ich mich zunächst auch mental in einen stabilen Anker. Dazu zentriere ich das Ziel zu-nächst so zu sagen als Routinehandlung im Schussfensters, möglich wäre auch jeder andere feste Bezugspunkt, etwa die Pfeilspitze.

Ganz entscheidend bei diesem und dem nächsten Punkt: Ich bewege den Bogen nur diszipli-niert aus der T-Stellung heraus Also mit starrer Armhaltung, also auch in dieser kritischen Phase entschleunigt und ohne Raum für Impulsivität.

6.   Erst wenn ich mich in dieser Grundausrichtung entspannt wahrnehme, fokussiere ich das Ziel  – zeitlich und mental getrennt von allen vorherigen Phasen des Schussablaufs. In mei-nem Fall geschieht die vertikale Ausrichtung des Pfeils bis zu den mittleren Entfernungen intuitiv, bei größeren Distanzen über mehr oder weniger bewusstes Drüberhalten.

Vor allem letzten die beiden Phasen kosteten einige 1000 Schüsse Training und viel Frustrationsto-leranz, aber es geht immer besser! Und nun? Überwunden habe ich sie ((noch)) nicht die Zielangst, gerade bei Stress oder Erschöpfung lösen sich am Ende immer noch Schüsse impulsiv. Aber auch wenn: Mit dem neu getakteten, entschleunigten Schussablauf habe ich bis dahin alles richtig ge-macht - angefangen mit immer identischem Vollauszug - und treffe oft selbst dann noch „Körper“!

Svarrow:

--- Zitat von: Svarrow am Februar 06, 2021, 10:14:54 Vormittag ---Als traditioneller Schütze verstand ich intuitives Zielen wohl von Anfang an falsch: während des gesamten Schussablaufs fokussierte ich den Pfeil - „Become The Arrow“ eben. Mit zunehmender Routine wurden die Abläufe unbewusster, das Lösen damit einhergehend unkontrollierbarer. Speziell in Stresssituationen kam ich schließlich vor allem bei geringen Distanzen selbst mit Willensanstrengung nicht mehr in den Vollauszug. Weitschüsse waren hingegen kein Problem: Diese gelangen von Anfang an ja nur mit sehr bewusstem Schussablauf, impulsives Lösen konnte sich da nie entwickeln!
Interessant – wenn auch hinsichtlich der Heilungsprognose eher frustrierend - war die Auseinandersetzung mit dem vielschichtigen Symptom Taget Panic. Neben den Threads hier im Forum seien z. B. auch die praxisnahen Ausführungen unter https://www.bogenladen-collenberg.de/target-panic/ empfohlen. Der verbreitete Rat, sich mittels Blindschüsse bzw. ohne Zielauflagen schusstechnisch neu zu konditionieren war allerdings nutzlos – gerade ohne Zielen bzw. ohne Löseabsicht war mein Schussablauf ja einwandfrei!
Ich berichte mal, wie ich nach vielen Versuchen jetzt pragmatisch mit der Zielangst umgehe. Ich bin jedoch noch mittendrin und interessiert, Erfahrungen mit anderen Betroffenen auszutauschen.

1.   Am Anfang stand die Entscheidung, die volle Kontrolle über den Schussablauf und insbe-sondere das Lösen zu bekommen, und zwar über ein komplett neues Setting. Dafür sollten die einzelnen Phasen mental voneinander getrennt werden, insbesondere das Zielen. Denn ohne Zielen kein Target - und ohne Target keine Panic!

2.   Zunächst habe ich meinen Auszug verändert. Ich ziehe den Pfeil nicht mehr auf das Ziel ausgerichtet horizontal nach hinten auf, sondern mit einem betont dynamischem „swing draw“. Ohne Fixierung auf das Ziel gelingt dies ohne Lösereflex – und ist zudem kräfteschonend, wichtig auch im Hinblick auf den nächsten Punkt.
 
3.   Statt mit dem Mittelfinger am Mundwinkel ankere ich jetzt hinter dem unteren Kieferbogen, unverrückbar „eingerastet“ in der Kuhle zwischen Daumen und Zeigefinger. So ist auch hier kein Mogeln mehr möglich, sondern allein ein zu 100% definierter Status, erreichbar zudem nur mit leichtem überziehen.
 
4.   Mit dem tieferen Anker verschob sich die Ausrichtung der Pfeile und damit die Trefferlage nach oben. Um den Unterschied zu verringern, habe ich den Sehnengriff von mediterran auf 3-Unter verändert. Nicht notwendig, als neue Konfiguration im Hinblick auf die Neu-konditionierung aber wohl eher vorteilhaft.

Weil ich bis hierher nicht das Ziel fokussiere, gibt es keine unkontrollierten Reflexe. Ich komme zuverlässig in den Vollauszug, in Verbindung mit dem festen, satten Anker schon mal ein sehr gutes Gefühl! Zudem ziehe ich eineinhalb Zoll weiter aus, die Schüsse haben also mehr „Wumm“.
 
5.   Um mit der nun beginnenden Fokussierung des Ziels impulsives Lösen zu vermeiden, bringe ich mich zunächst auch mental in einen stabilen Anker. Dazu zentriere ich das Ziel zunächst so zu sagen als Routinehandlung im Schussfensters, möglich wäre auch jeder andere feste Bezugspunkt, etwa die Pfeilspitze.

Ganz entscheidend bei diesem und dem nächsten Punkt: Ich bewege den Bogen nur diszipliniert aus der T-Stellung heraus Also mit starrer Armhaltung, also auch in dieser kritischen Phase entschleunigt und ohne Raum für Impulsivität.

6.   Erst wenn ich mich in dieser Grundausrichtung entspannt wahrnehme, fokussiere ich das Ziel  – zeitlich und mental getrennt von allen vorherigen Phasen des Schussablaufs. In meinem Fall geschieht die vertikale Ausrichtung des Pfeils bis zu den mittleren Entfernungen intuitiv, bei größeren Distanzen über mehr oder weniger bewusstes Drüberhalten.

Vor allem letzten die beiden Phasen kosteten einige 1000 Schüsse Training und viel Frustrationstoleranz, aber es geht immer besser! Und nun? Überwunden habe ich sie ((noch)) nicht die Zielangst, gerade bei Stress oder Erschöpfung lösen sich am Ende immer noch Schüsse impulsiv. Aber auch wenn: Mit dem neu getakteten, entschleunigten Schussablauf habe ich bis dahin alles richtig gemacht - angefangen mit immer identischem Vollauszug - und treffe oft selbst dann noch „Körper“!

--- Ende Zitat ---

PG:
Willkommen im Club.
Ich schlag mich auch schon seit Jahren damit rum, anfangs war es mir nicht klar, ich habe verzweifelt nach Ausreden gesucht. Beim einsamen Training, egal, ob Scheibe oder Parcours, ging es super, sobald ich in Gesellschaft schoss, ging nix mehr. Turniere sind eine Qual, jedes Ziel ist eine enorme mentale Anstrengung, jeder Treffer eine Erleichterung, jeder Fehlschuss eine Katastrophe. Ich habe letztes Jahr ein Turnier geschossen, weil ich dachte, es würde wieder gehen aber zum Ende hin wurde es wieder schlimmer. Ich werde jetzt auf Turniere verzichten und mal schauen, wie es weiter geht. Zur Zeit ist ohnehin nur Training im Keller auf 7m möglich, da sind es schön enge Gruppen. Aber überwunden hab ich es nicht, TP wird bleiben und ich muss lernen, sie immer wieder zu bekämpfen.

The_Sheriff:

--- Zitat von: Svarrow am Februar 06, 2021, 10:14:54 Vormittag ---Der verbreitete Rat, sich mittels Blindschüsse bzw. ohne Zielauflagen schuss-technisch neu zu konditionieren war allerdings nutzlos – gerade ohne Zielen bzw. ohne Löseabsicht war mein Schussablauf ja einwandfrei!

[...]

Weil ich bis hierher nicht das Ziel fokussiere, gibt es keine unkontrollierten Reflexe. Ich komme zuverlässig in den Vollauszug, in Verbindung mit dem festen, satten Anker schon mal ein sehr gutes Gefühl! Zudem ziehe ich eineinhalb Zoll weiter aus, die Schüsse haben also mehr „Wumm“.
 
5.   Um mit der nun beginnenden Fokussierung des Ziels impulsives Lösen zu vermeiden, bringe ich mich zunächst auch mental in einen stabilen Anker. Dazu zentriere ich das Ziel zunächst so zu sagen als Routinehandlung im Schussfensters, möglich wäre auch jeder andere feste Bezugspunkt, etwa die Pfeilspitze.

Ganz entscheidend bei diesem und dem nächsten Punkt: Ich bewege den Bogen nur diszipliniert aus der T-Stellung heraus Also mit starrer Armhaltung, also auch in dieser kritischen Phase entschleunigt und ohne Raum für Impulsivität.

6.   Erst wenn ich mich in dieser Grundausrichtung entspannt wahrnehme, fokussiere ich das Ziel  – zeitlich und mental getrennt von allen vorherigen Phasen des Schussablaufs. In meinem Fall geschieht die vertikale Ausrichtung des Pfeils bis zu den mittleren Entfernungen intuitiv, bei größeren Distanzen über mehr oder weniger bewusstes Drüberhalten.

[...]

--- Ende Zitat ---

Hallo Svarrow,

bedauerlich zu hören, dass auch du dich mit TP rumplagst, aber schön, dass du meinen Blogartikel dazu gefunden hast.
Was du eingangs beschrieben hast (ich habe die relevanten Passagen mal zitiert), deckt sich genau mit dem was ich in meinem Artikel beschreibe.

- Schussablauf hinterfragen, insbesondere Körperhaltung hinsichtlich TP-verstärkender Faktoren
- Schussablauf korrigieren und neu lernen
- bei optischem Trigger schrittweise Desensibilisierung durch defokussiertes Schießen auf Ziele (wichtig!) TP wegen optischer Reize zeigt sich nur beim Zielen bzw. Zielbildern
- bewusste Schussaktivierung bei fokussiertem Schießen auf Ziele "einbauen" (kritische Sekunde abwarten) und weiter desensibilisieren = Kontrolle behalten

Du bist auf einem sehr guten Weg so wie sich das anhört, aber 1000 Schuss sind gar nichts auf dem langen weg zurück zur Kontrolle. Sorry dass ich das so hart sagen muss.
Ein Tipp von mir... Erwarte nicht, dass das Bezwingen deiner Target Panic am Ende automatisch ein perfektes Treffen zur Folge hat. Vielmehr ist eine perfekte Schusskontrolle die Folge, die du dann mit der richtigen Schießtechnik und Zieltechnik plus Training zum perfekten Treffen ausbauen kannst.

Viele Grüße
Daniel

Uller:
Willkommen im  Club, Svarrow  :bow:

Ich kann Dir gut folgen, da ich das genau so bei mir kenne...

Vor allem sind es Turniere, aber gerne auch Parcoursgänge mit Beteiligten die nicht unbedingt "Fremde" sein müssen...

Mit meiner lieben Frau zu Zweit , geht es deutlich besser...allerdings noch viel besser ganz alleine... ???

Den Knackpunkt in der Psyche (ver)suche ich deshalb irgendwo in einem "selbst gebastelten" Leistungsdruck zu finden...???

Momentan versuche ich es mit Atemtechnik und möglichst langem Ankertraining...mit anschließendem Absetzen ohne zu lösen...

Auch habe ich mir einen Satz Pfeile mit 11 gpp gebastelt und erziele damit auf den 20 m , die ich im Garten zur Verfügung habe, ganz gute Resultate...

Ich freue mich darauf, das hoffentlich bald, auf einem Parcours umsetzen zu können....mit meiner Frau, oder... vielleicht besser noch...ALLEINE....

 :fire: :bow:

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln
Powered by SMFPacks Likes Pro Mod