@gartenpinguin: beschreib doch mal ein paar deiner 40+ Bewertungskriterien. Wir sind da immer interessiert, vereinsintern mal was anders zu machen.
So haben wir mal den Montessori Modus erfunden: https://youtu.be/GR4XRcTltoo
Ich möchte da aktuell nicht zu sehr ins Detail gehen, weil das für meine Sache ein Alleinstellungsmerkmal ist und ich darauf sehr gut aufbauen werde.
ACHTUNG: Alles Offtopic!Ein paar grundlegende Anreize gebe ich aber mit:
Um das Gesamtkonzept zu verstehen muss man sich darauf einlassen, dass ein paar Änderungswünsche am klassischen Turniersystem notwendig gewesen sind.
Das sind primär Punkte die mir in meinen 13 Jahren aufgefallen sind, die Frust, Ärger und Enttäuschung beinhalten. Also gängige Reaktionen eines jeden Menschen, die insbesondere bei Wettbewerben aufkochen können.
Warum? Ich bin ein Typ Mensch, dem Frieden und Harmonie in seinem Umfeld sehr wichtig ist. Bogenschießen, auch als therapeutische oder meditative Form, ist für viele eine Flucht aus dem Alltag. Und dennoch möchte man Leistung bringen. Man möchte gut sein. Daher pflege ich meinen Schützlingen beizubringen, dass Bogenschießen immer primär der Kampf gegen einen selbst ist. Der Kampf gegen innere Unruhe, zu viele Gedanken, Ablenkungen und so weiter. Nur sekundär kommt es beim Bogenschießen zum Wettkampf gegen andere. Auch auf dem Turnier ist jeder Schütze erstmal pimär im Kampf mit sich selbst. Mehrere Fehlschüsse in Folge bringen manchen komplett aus dem Konzept und aus der Ruhe. Und so mancher bricht nach 3 Nullrunden sogar aus Frust Turniere ab. Bogenschießen ist die Kunst seinen Geist beherrschen zu lernen.
Und dennoch oder gerade deshalb kochen negativen Emotionen schnell auf.
Zum Beispiel:
1. Schützen die vor der Siegerehrung einpacken und wegfahren, weil sie "eh nicht auf dem Treppchen landen".
Das finde ich immer sehr Schade, weil ich finde, dass gute Leistungen von anderen auch wertgeschätzt werden sollten. Außerdem sieht man so auch die Gesichter zu den Namen und kommt vielleicht dazu schöne Gespräche zu führen. Das frühe Abhauen hat immer einen sehr faden Beigeschmack.
2. Frust bei Materialverlust oder Schäden.
Das ist der allgemeine Klassiker, dass gerne mal genörgelt wird. Backstops stehen doof, Pfeil ist an einer Metallstange zerbrochen, Nocke ist rausgeflogen und weg, Messer irgendwo im Parkour verloren. Auch hier habe ich großes Potential gesehen, diese negativen Emotionen bei unserem schönen Hobby auszuhebeln.
3. Enttäuschung
Hat jeder von uns schon gehabt. Ein schlechter Tag, schlecht gegessen, zu lange im Stau gestanden und den Start verpasst, schlechte Schießleistung an dem Tag obwohl man sonst besser ist...
Auf Turnieren ist man in einer Situation wo viele sich beweisen wollen. Sie wollen gut schießen. Oder ihren Namen und Titel verteidigen. Diese Leistung an einem Tag der Wertung nicht erreichen zu können, kann sehr frustrierend und enttäuschend sein.
Was ist also meine Idee:
1. Ein (Spaß)Turniertag ist nichts anderes als ein Trainingstag mit vielen Leuten und Spaß. Um den Fokus auf den Spaß zu lenken, hebel ich den Punktewettkampf aus. Bei der Begrüßung ist die erste Ansage, dass es an dem Tag nicht um Punkte gehen wird, sondern um den Spaß. Jeder solle seine Leistung bringen wie er Lust und Laune hat. Dennoch werden klassisch die Punkte gezählt und aufgeschrieben, aber unter dem Vorwand, dass die Leute ihre Schießkarten am Ende mitnehmen können falls sie es möchten. Im Hintergrund wird aber von mir oder einem Mitorganisator alles notiert, was wir uns vorher ausgedacht haben.
Das lockert auch die "Siegerehrung" am Ende auf. Da wird nicht stumpf pro Klasse eine Punktzahl durchgerattert, sondern es werden Events und Ereignisse des Tages Revue passieren gelassen. Denn wie häufig sitzen wir am Lagerfeuer und reden über Schüsse die über 10 Jahre her sind und so schön waren, dass sie im Kopf geblieben sind? Die Erinnerungen sind nicht die Punkte die wir erzielen, sondern die tollen Erlebnisse die wir auf dem Weg hatten.
Beispiele sind Spaß-Auszeichnungen/Preise:
Die Person, die zu spät gekommen ist.
Die Person, die die meisten Pfeile danebengeschossen hat.
Die Person, die im Vergleich zum Vorjahr den größten Fortschritt gemacht hat (Punkte, Kills, Pfeilanzahl...).
Die Person, die etwas kaputt gemacht hat (Pfeil kaputt, Sehne gerissen, Horn vom Tier abgerupft...)
Und die Liste kann man endlos fortführen. Habe nochmal nachgeschaut und mittlerweile habe ich 163 Einträge. Manchmal sind es halt die dümmsten Ideen, die am Ende am besten funktionieren.
Wichtig ist die Abwechslung dahinter. Niemals darf ich in Folge die gleichen Sachen auszeichnen, weil sonst die Teilnehmer bereits damit rechnen.
Beim letzten Turnier hatte ich ein Pokerkartenset auf eine Scheibe gepinnt und jeder musste sich seine Pokerhand schießen. Die Person die die höchste Hand geschossen hat, bekam eine Auszeichnung mit seinen Karten drauf. Das ist eine nette Auszeichnung für ein gut geschossenes Ziel. Es ist kein Gesamtsieg. Aber es ist am Ende eine sehr nette Erinnerung an ein schönes Erlebnis.
Und genau so will ich das alles handhaben.
Sowas lebt von Leidenschaft. Ich mache das aktuell immer alleine. Vorbereitung für mein letztes Turnier waren 5 Wochen Vollzeit. Planung, Aufbau, Schießlinien, erweiterte Sicherheitsmaßnahmen und Backstops, Schießzettel (weil höchst individuell), Sachen die ich werten will, Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten für entsprechende Events (Garantie auf Pfeilverlust gibt es nicht), händisches anfertigen aller Auszeichnungen, Verpflegung, Feuer, Musik, Ausschreibung, Organisation am Turniertag und dann schieße ich auch mit und notiere mir den ganzen Quark.
Sowas mache ich nur, wenn die Leute so richtig Bock darauf haben. Und die Auswertung muss schnell und korrekt stattfinden. Das sind keine Zahlen mehr, die man über eine Tabelle vergleicht. Da ist Recherche, Statistik, Auswertung und die richtige Vorbereitung notwendig. Und jeder Preis ist individuell. Man muss vor Ort das Werkzeug haben um die Auszeichnungen in der Zeit noch fertigstellen zu können. Da muss ich mich darauf verlassen, dass die Teilnehmer dann auch nach dem Schießen 30-60 Minuten unterhalten werden oder sich selbst unterhalten können.
Ist halt sehr sehr blöd wenn man sich diese Arbeit macht und jemand dann zu früh abhaut und ggfs. seinen individuellen Preis nicht erhalten wird.
Daher meinte ich, dass sich dieses Konzept vermutlich gar nicht hochskalieren lässt.
Wie will man so einen Aufwand für 100+ Teilnehmer und einem Parkour über 3-6 km machen?
Da braucht man ein richtig großes Team und alle müssen penibel auf ihre Aufgabe achten.
Damit diese Auszeichnung sauber abläuft muss man mit 100% Perfektion an die Sache rangehen, sonst geht das nach hinten los.
Im Anhang drei kleine Impressionen vom letzten Spaßturnier.
Zwei Zitate vom Abend die mir ständig im Kopf rumwuseln:
"Ich habe gar nicht mit einer Auszeichnung gerechnet, und dann bekomme ich gleich zwei. Und dann auch noch so schöne".
"Du hast damit die Messlatte sehr hoch gehängt."
PS: Rechtschreibfehler sind Rudeltiere.