Ich bin kein guter Bogenschütze, und werde auch egal mit welchem Equipment bei Turnieren nie vorne Mitschießen können, und auch der teuerste Bogen wird daran nichts ändern. Das ist mir absolut bewusst. Und dennoch gebe ich viel Geld für Bögen aus, weil ich immer wieder diesen "Wow"-Effekt suche, den ein für mich passender (guter) Bogen mit sich bringen kann, auch wenn ich damit keine Siegertreppchen erklimmen kann. Das Gelumpe steht hinter dem Bogen, und das ist mir bewusst, dass ein Bogen allein da keine Wunder vollbringen kann.
Der Preis eines Bogens ist da denke ich nicht der entscheidende Punkt, ob ein Bogen gut oder schlecht ist.
Ob gut oder schlecht, ist für mich eher ein persönliches Empfinden, wenn man einen Bogen in die Hand nimmt und seine Pfeile fliegen lässt.
Da bei mir aber z.B. die Optik eine doch recht große Rolle spielt, ob ich einen Bogen gerne oder weniger gerne in die Hand nehme, bin ich für mich persönlich recht schnell im Custombereich, da dort noch schöne Echthölzer verwendet werden, etwas, was ich einfach liebe.
Wobei selbst das Kriterium Echtholz kein Must-Have-Kriterium ist, um für mich ein toller Bogen zu sein.
Einer meiner Lieblingsbögen ist mein BobLee HardCore CobraCurve SL, also ein Bogen mit schwarzem Mycarta-Griffstück mit aufgesetzten knallgrünen Holzfurnieren an der Seite und Carbon-Wurfarm-Optik. Kein Echtholz, aber einfach für mein persönliches Auge stimmig im Gesamtbild und als ich ihn das erste Mal sah, war gleich das "Den-Muss-Ich-Haben"-Effekt da und er ist auch einfach toll zu schießen, wie sich dann nach der Lieferung feststellte.
Die Gewichtsverteilung im Bogen ist durch das Stabilock-System anders als bei meinen anderen Bögen und der Bogen ist schön leise, angenehm im Auszug und für mich super angenehm und stressfrei zu schießen (nicht umsonst habe ich bei BobLee derzeit noch einen "identischen" Bogen mit Bubinga-Griffstück (TRB-konform) in der Mache).
Ein krasses Gegenstück dazu ist hingegen z.B. mein 58" A&H Spitfire. Der Bogen ist aus (teils stabilisiertem) Echtholz, schießt sich komplett unterschiedlich zum Bob Lee, aber dennoch ist es für mich einer "meiner" Bögen. Der Bogen ist trotz seiner Länge unkompliziert für mich zu schießen und besonders mit schwereren Pfeilen dank der ACS-Wurfarme einfach nur geil.
Wieder ganz anders hierzu ist der Stalker Vortex mit seinen 64" und den Hybrid-Wurfarmen.
Für mich eine Augenweide mit Tiger-Myrtle und Claro Walnut, Mosaik-Streifen hier und da, gesplicten Wurfarmen und einem Griff, der für meine Hand einfach perfekt ist. Die Bogenform ist für mich optisch extrem stimmig.
Welcher der drei der beste Bogen ist? Keine Ahnung und mir auch ziemlich wurscht, es sind alle drei einfach "meine" Bögen.
Wie man sieht, für mich ist ein guter oder schlechter Bogen nicht klar zu definieren, ob Langbogen, Hybrid, Recurve oder was immer. Es muss einfach dieses "Bling" machen, wenn man den Bogen in die Hand nimmt. Ich muss einfach die Seele eines Bogens beim Pfeile-Fliegenlassen spüren, und das habe ich schon bei 250€ Bögen gehabt, als auch bei 2000€ Bögen vermisst.
Für mich persönlich ist zum Beispiel auch ILF keine Option derzeit, da ein ILF-Bogen bei mir diese Seele niemals hatte, bei meinen Versuchen mit ILF und ich kann nicht mal genau sagen, woran das liegt. Vielleicht daran, weil der Bogen keine "Einheit" ist und schon von Grund auf aus verschiedenen, austauschbaren Teilen besteht. Die Flexibilität ist sicherlich super, aber für mich einfach ein No-Go-Kriterium bisher. ILF ist für mich einfach ein System, aber eben keine Einheit, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Die einen werden es lieben, für mich geht es derzeit gar nicht. Aber dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass es vielleicht irgendwann beim Rumprobieren doch "Bling" macht (der Black Wolf ist da bisher als ILF-Bogen am nächsten dran gekommen).
Und genau das ist es, was ich denke, was einen Bogen zu "meinem" Bogen macht. Diese Übereinstimmung der Erwartungen an einen Bogen und was dieser Bogen einem liefert, und diese Erwartungshaltung an einen guten Bogen ist mindestens genauso unterschiedlich wie die verschiedenen Erwartungshaltungen, die jemand ggf. an das Bogenschießen an sich hat. Siegertreppchen, ständige Verbesserung, stressfrei im Wald unterwegs sein, einfach nur Spaß am Pfeilfliegenlassen haben, ...
Genauso wie jeder hier "seine" Definition der Zielsetzung beim Bogenschießen hat, wird auch jeder seine eigene Definition von guten Bogen haben.
Was beim einen funktioniert, muss beim anderen noch lange nicht passen. Deswegen finde ich es auch schwer Empfehlungen zu Bögen abzugeben, sondern rate eher auf Messen oder zu Händler zu gehen und auszuprobieren. Das ist mMn deutlich zielführender eine "guten" Bogen für sich zu finden, als die beste gutgemeinte Empfehlung. Der Spruch, der Bogen findet seinen Schützen, kommt mMn nicht von ungefähr.