Archers Campfire

Ein paar "Weisheiten"


Offline Flual

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Kurz zu mir: Ich schieße seit 13 Jahren traditionell Bogen. Die ersten 8 Jahre on und off dann aber recht regelmäßig und in den letzten paar Jahren wieder recht intensiv. Da ich dieses Jahr recht viel Zeit habe und meinen Wohnsitz kurzfristig auf meinen Heimatbauernhof verlegt habe bin ich seit Jänner fast täglich im Wald und an der Scheibe.
Im letzten März dieses Jahres wurde mein Schießen jedoch recht mies . Im Verlauf der letzten Woche hat es aber einen Knacks gemacht und ich bin jetzt wieder sehr konstant und die guten Schüsse überwiegen.

Hier sind meine Selbstbeobachtungen wie es dazu kam:

1. Zu viele Gedanken über Equipment und Tuning:

Sitzt mein Nockpunkt richtig? Passt der Bogen wirklich zu mir? Ist der Pfeil zu lang? Ist die Spitze zu schwer? usw...
Vor allem im traditionellen Bogenschießen kann man meiner Meinung nicht 100ige Perfektion erreichen. Ich habe, da mir einige Pfeile kaputtgegangen sind übergangsweise einige "falsche" Pfeile für meinen Bogen im Set. Die sind zu lang und haben eine schwerere Spitze. Schlagen aber nach einigen Probeschüssen auch dort ein wo ich will. Ich habe einfach gerade diese Gedankengänge abgestellt und schieße nun viel befreiter.

2.Ist meine Technik die  "richtige" alias Information Overflow

Hier muss man schon Unterscheiden:

Ist, wenn man sich entscheidet mit dem Bogenschießen zu beginnen zumindest ein Grundkurs vorteilhaft?
Absolut!

Wenn man aber einmal eine recht gute Grundtechnik hat sollte man große Änderungen daran mit Vorsicht genießen.
Überhaupt jetzt in Zeiten des Informationsüberflusses ist es leicht sich der Versuchung hinzugeben seine Technik grundlegend zu verändern. Man muss nur auf Youtube ein Stichwort zum Thema Bogenschießen eingeben und man wird mit Informationen überhäuft die sich häufig widersprechen. Während ein Video den "Deep Hook" anpreist sagt einem der nächste Bogeninstruktor warum man so nicht ziehen soll.
Ich will gar nicht anfangen wie viele widersprüchliche Videos es zum Thema Intuitives oder Instinktives Schießen es gibt.
Auch ich war nach langen Recherchen am zweifeln und habe im letzten Jahr einige Techniken durchprobiert. Am Ende war ich schon so weit, dass ich feststellen musste, das ich meinen Stil gar nicht mehr wiedererkenne und sich dieser einfach unnatürlich für mich anfühlt. Habe dann wieder einen Reset gemacht und am Ende blieb nur noch der höhere Anker, der sich für mich besser als der tiefe Anker  anfühlt. Den Rest wie Bogenhaltung und Hook ist wie vor einem Jahr. Lediglich der Release hat sich verbessert was mich zum nächsten Thema bringt.

3.Sauberer Release

Für mich der aller wichtigste Aspekt am Bogenschießen. Man kann den teuersten Bogen, die perfektesten Pfeile und den perfekten Nockpunkt haben, wenn der Release unsauber ist kann man alles vergessen. Hierzu gibt es wieder tausende Videos und Beiträge im Internet die man (mit Vorsicht) heranziehen kann. Einen sauberen Release muss man aber selbst spüren. Man wird nicht glauben wie leise ein sauberer Schuss ist. Ein guter Schuss ist immer leise während ein schlechter Schuss häufig laut ist.

4.Jeden Schuss als wichtig betrachten

Ich habe mich lange gefragt warum ich im Gelände besser bin als an der Scheibe. Ich kam nach langen Nachdenken und Beobachten auf folgendes Ergebnis: Im Gelände ist für mich jeder Schuss wichtig und an der Scheibe nicht. Ich habe z.B bemerkt, dass ich an der Scheibe schon zum nächsten Pfeil greife, bevor der vorherige noch die Scheibe berührt. Das mag an der (für mich) eher uninspirierenden Natur des Scheibenschießens liegen, dass man beginnt Pfeile zu "Spammen" und sich dann fragt warum man nicht gut gruppiert. Im Gelände verharre ich bis der Pfeil einschlägt und welch Überraschung ich treffe zu 75% den ersten Schuss. Vielleicht ist hier noch etwas Jagt Instinkt vorhanden der im Wald ausgelöst wird.  Wenn ich nun an der Scheibe stehe versuche ich jeden Schuss als wichtig anzusehen. Das ist für mich jedoch um ein vielfaches schwerer und anstrengender als im Gelände. Darum habe ich das Scheibenschießen deutlich reduziert.

5. Nicht "Überschießen"

Müde Beine gewinnen kein Rennen und müde Finger treffen nichts. Lieber wenige konzentrierte Pfeile abfeuern als viele müde und unkonzentrierte Schüsse abgeben.
Pausen können Wunder bewirken.

Sorry für den langen Post. Ich wollte dies nur loswerden und vielleicht hilft es jemanden.

P.S.: Natürlich ist alles hier geschrieben rein Subjektiv. Ich denke, dass traditionelles Schießen auch eine sehr subjektive Angelegenheit ist, die keine absolute Wahrheit in sich trägt.

   


Offline roscho

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In deinem langen Post steckt für mich viel Wahrheit drin.

Ich würde es nur etwas anders drehen ...

Mein Rat ist immer:
Erst an der Form arbeiten, und zwar an der eigenen, nicht blind die von Schützen xy kopieren deswegen ist für mich ein Grundkurs/Training bei einem GUTEN (nicht dogmatischen) Trainer die Grundlage.

Release ist z.B. eine Folge einer guten Form

Erst wenn die Form halbwegs sitzt über Tuning und Equipment nachdenken, aber auch ein zu 80% passender Pfeil trifft wenn die Form halbwegs stabil ist ..

Reflektieren und nicht "Überschiessen"  ist gerade für einen Anfänger GANZ WICHTG ..

Wie oft habe ich schon gelesen: ich schiesse erst seit 2 Wochen aber dafür übe ich jetzt mit 200 bis 300 Pfeilen täglich.
Abgesehen davon das man sich da ganz schnell auch Mist angewöhnen kann kann es auch dazu führen das Sehnen und Gelenke überlastet werden und Schäden entstehen.

Und noch ein Weisheit von wir: gerade für Anfänger ist weniger Bogen (was Zuggewicht angeht) oft mehr weil man wirklich sauberer üben kann und ein teuerer Bogen schiesst auch nicht von alleine, ein Einsteigermodell heisst nicht umsonst so  ;)

Bogenschiessen ist einfach, aber nicht leicht ;)

"Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk,
und der rationale Verstand ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen,
die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat."

* Albert Einstein


Offline Waldgeist

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"Subjektiv geschrieben" heißt ja nicht gleich "Falsches geschrieben"! Reflexion des eigenen Handelns ist doch ganz wesentlich für das eigene Fortkommen.     :yes:
„Jeder Mensch kann irren, nur Dummköpfe verharren im Irrtum!“
Cicero


Offline Kreta

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Sehe vieles ähnlich wie du und danke für das lange Posting.



Offline rso

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Schön!

Ich sags immer so:
Natürlich brauchts nen vernünftigen Anfängerkurs.
Der ganze YouTube-Mist ist (fast immer) nur Zeitverschwendung,
Wenn mein Release sauber ist, funktioniert auch der Rest.
Es braucht keine teure Ausrüstung, sie muß nur stimmig sein.

 ;D
cu

Rainer


Offline tombows

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Lieber Flual,

auch wenn den Post subjektiv ist ist doch viel objektives drin,
Selbstreflektion ist das A und O und wenn man dann noch ab und an einen analogen Buddy hat, der
einem manchmal kurz über die Schulter schaut ist das schon die halbe Miete.
Weniger ist manchmal eben mehr.

LG
Tom


Offline BärTiger

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 :klasse: Sonderapplaus für die kurze aber verständliche Zusammenfassung meiner Gedanken  :GoodJob:


Offline Ari

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  • Hang me in the Tulsa County Stars
 :yes:

Ein "Like-Daumen" zum Ausschneiden und unter den
Eingangspost setzen  :)
Wenn du den Bogen in die Hand nimmst,
der Pfeil auf der Sehne liegt, ändert sich dein Leben! Instinkte werden geweckt, längst verschollen und unterdrückt. Du spannst den Bogen zum Kreis der alles umschließt
und im Moment des Lösens freigibt. Du bist der Bogen, du bist der Pfeil, du bist das Ziel!



Offline Bambus

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  • Ich bin Choleriker, zeigs es aber nicht ...
D`accord  :yes:  - aber gerade von Anfängern nicht gerne gehört/gelesen.

Ganz wichtig ist die eigene Reflektion, wie hat sich der Schuß "angefühlt", langsam machen und (zumindest die erste Zeit) das "unbedingt treffen wollen" ganz, ganz, ganz weit hintenan stellen.
Das "Optimieren" des Materials statt des Schützen tritt nach meiner Beobachtung weniger bei Anfängern sondern bei denen auf, die bereits die ersten Schritte getan haben.
Und, die ersten beiden Punkte und die Materialfrage werden auch von erfahrenen Schützen viel zu oft nicht beachtet, das ist nichts Anfängerspezifisches.
Und immer mal wieder von Zw-/Hang zum Treffen zur Arbeit an der eigenen Form zu wechseln schadet auch keinem.
Vielleicht fällt mir ja noch was ein...


Offline Buersti

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  • Mblambatoya!
    • Captain Goldfisch
Klingt nach einem etwas längeren Weg, zu dieser Einstellung gelangt zu sein. Danke für das Mitteilen deiner Gedanken!
Schöne Grüße aus dem Spessart


Offline ede

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Vielen Dank!

Da lese ich gerne auch mal etwas mehr Text!!

 :thankyou:

Zum Relase:
Wie Ying und Yang  - 
sauberer Ablass und eine stabile/ saubere Bogenhand


Offline oldbow

  • Oh ein Pfeil
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Ich bin Anfänger und robbe mich so langsam an die Materie Bogenschissen ran.

Hab auch einiges im Netz angeschaut , von richtigen Bogen ,Pfeile ,Haltung, Zielen .
Da wirst mit der Zeit wuschelig , was soeben du als plausibel erfunden hast ist im nächsten Moment schon wieder zerrissen .
Ein Anfänger kann gar nicht beurteilen was richtig oder falsch ist. Ich sehe es bei mir . Irgendwann machst aber deine eigene Erfahrung und merkst so funktioniert es bei dir besser , egal was du vorher gesehen oder gelesen hast. Mann erinnert sich dann an Video oder gelesen Beiträge die das was man verändert hat beschrieben haben.

Damit will ich nicht sagen das alles Mist ist , nein damit will ich nur sagen wie individuell das Bogenschissen wirklich ist. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnis die ich bis jetzt gemacht habe.
Eine sind wirklich in der Lage sich das Bogenschissen selbst beizubringen und andere verlieren sich in den Dschungel des Netz ohne Erfolg. 

Für mich gibt es in den ersten Beitrag zwei Sätze die es Treffen die währen
Zitat:
Ist, wenn man sich entscheidet mit dem Bogenschießen zu beginnen zumindest ein Grundkurs vorteilhaft?
Absolut!
Natürlich ist alles hier geschrieben rein Subjektiv. Ich denke, dass traditionelles Schießen auch eine sehr subjektive Angelegenheit ist, die keine absolute Wahrheit in sich trägt.
Zitat Ende:

Der Rest ist subjektiv .

Ich werde die von einigen User hier mir angebotene Hilfestellung annehmen , da es für mich der richte Weg scheint.

Bogenschissen ist doch nichts anders als das Treffen was man im Visier hat ;)

gruss


Offline Flual

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Vielen Dank!

Da lese ich gerne auch mal etwas mehr Text!!

 :thankyou:

Zum Relase:
Wie Ying und Yang  - 
sauberer Ablass und eine stabile/ saubere Bogenhand

Genau! Wobei ich behaupte, dass man stabile Bogenhand deutlich schneller erlernt als den sauberen Release. Vor allem weil man den Release lange vernachlässigt (War zumindest bei mir so;))


Offline Flual

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Ich bin Anfänger und robbe mich so langsam an die Materie Bogenschissen ran.

Hab auch einiges im Netz angeschaut , von richtigen Bogen ,Pfeile ,Haltung, Zielen .
Da wirst mit der Zeit wuschelig , was soeben du als plausibel erfunden hast ist im nächsten Moment schon wieder zerrissen .
Ein Anfänger kann gar nicht beurteilen was richtig oder falsch ist. Ich sehe es bei mir . Irgendwann machst aber deine eigene Erfahrung und merkst so funktioniert es bei dir besser , egal was du vorher gesehen oder gelesen hast. Mann erinnert sich dann an Video oder gelesen Beiträge die das was man verändert hat beschrieben haben.

Damit will ich nicht sagen das alles Mist ist , nein damit will ich nur sagen wie individuell das Bogenschissen wirklich ist. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnis die ich bis jetzt gemacht habe.
Eine sind wirklich in der Lage sich das Bogenschissen selbst beizubringen und andere verlieren sich in den Dschungel des Netz ohne Erfolg. 

Für mich gibt es in den ersten Beitrag zwei Sätze die es Treffen die währen
Zitat:
Ist, wenn man sich entscheidet mit dem Bogenschießen zu beginnen zumindest ein Grundkurs vorteilhaft?
Absolut!
Natürlich ist alles hier geschrieben rein Subjektiv. Ich denke, dass traditionelles Schießen auch eine sehr subjektive Angelegenheit ist, die keine absolute Wahrheit in sich trägt.
Zitat Ende:

Der Rest ist subjektiv .

Ich werde die von einigen User hier mir angebotene Hilfestellung annehmen , da es für mich der richte Weg scheint.

Bogenschissen ist doch nichts anders als das Treffen was man im Visier hat ;)

gruss

Wenn es sich natürlich anfühlt und du die gewünschten Ergebnisse erzielst ist es richtig auch wenn hunderte Youtube Professoren des Bogensports sagen, dass es "falsch" ist. Wichtig ist nur die Selbstreflexion. Ein Tipp von mir: Als Anfänger geh nah ans Ziel. Ich habe als Anfänger den Fehler gemacht, dass ich gleich relativ große Distanzen geschossen habe. Das macht auf Dauer keinen Spaß da man nichts trifft und man gewöhnt sich eine schlampige Technik an. Es hat mich viel Kraft gekostet diese Unsauberkeiten zu korrigieren. Konzentriere dich auf den Release und dass du einen ruhigen Schuss abgibst. Dafür gibt es wie ich finde leider keine Schablone. Ein sauberer Release sieht bei jeden etwas anders aus.
 Bogenschießen ist leicht zu erlernen aber schwer zu meistern.