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Ist schiessen auf bewegte Ziele der Weg zum Instinktiven Bogenschiessen ?


Offline kungsörn

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Zuerst einmal hat Roscho einen treffenden Begriff ins Spiel gebracht: „automatisch“.
Dieser setzt eine Vorbereitung voraus. In unserem Fall das Üben.

Um auf die Frage zurückzukommen.
Ich glaube, dass man durch das Training auf bewegte Ziele durchaus seine statische Treffsicherheit verbessern kann, weil es unser Körpergefühl trainiert und die Sensorik verfeinert.

Auch ein visierbasiertes Training auf zyklisch bewegte Ziele (Pendel, Drehscheibe usw.) hat m.E. einen positiven Einfluss.
Schließlich haben wir Muskeln und keine Servomotoren mit fest arretierbarer Mechanik.
Wer (wie wir) ohne solche Fixierungen visiert, muss gezwungenermaßen auch auf den richtigen Lösezeitpunkt achten, um sein Gewackel auszugleichen.

Nachteile durch Training auf bewegte Ziele sehe ich keine.
Es sei denn, man versaut sich seine konstante Technik damit. Da muss man ein bisschen aufpassen.

Wie ich das begründe:
Während ein z.B. ein Gepard-Panzer eine Programmierung und ein Radar hat, haben wir unser Hirn und Augen. (Leider oft mehr Augen… :bang:)
Dazu kommt für beide eine hoffentlich verlässliche und konstante Technik.

Beim Zielen ohne Visier - also ohne Visiervorrichtung, Pfeilspitze etc. - fokussiere ich meine Konzentration auf den Zielpunkt und verlasse mich darauf,
dass mein Körper (Unterbewusstsein + Bewegungsapparat => „Muskelgedächtnis“) das tut, was nötig ist, um es zu treffen.

Das hat einen großen Vorteil. Unser Muskelgedächtnis rechnet (fast)nicht und ist somit extrem schnell.
Bei entsprechenden Training sogar viel schneller, als unsere Denkprozesse. Idealerweise also ein antrainierter Reflex.

Der Nachteil des visierlosen Zielens liegt auf der Hand. In Ermangelung eines bewussten Abgleiches von Ziel und Abschussgerät (Rechenleistung) entsteht eine systembedingte Unschärfe.
Unsere Messtechnik (Auge + Körpergefühl) alleine hat quasi eine geringere Auflösung.

Unsere Treffsicherheit können wir nur mit einem optischen Hilfsmittel (Visier + Rechenleistung) und / oder einem gezielten Training des Körpergefühls verbessern.

Sogar wer ein Visier am Bogen hat, wird es – je nach Bewegungsmuster des Zielobjektes – ggf. automatisch ausblenden und sein Körpergefühl bzw. Muskelgedächtnis damit in den Vordergrund rücken.
Zumindest, wenn erkannt wird, dass ein Visieren zu lang dauern würde (Bewegungsmuster nicht zyklisch).
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Offline Landbub

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verändert/verschlimmert/unterdrückt das statische Schiessen das Vertrauen in unserem Zielcomputer weil wir „denken/meinen“ uns ein Zielsystem suchen zu müssen …

Das Zielsystem funktioniert dann instinktiv  ;D

Ernsthaft: Hast Du einmal Entfernungen schätzen gelernt und dieses in Fleisch & Blut übernommen, ist die Intuition kaputt.
Denn Du gehst an ein Ziel, egal ob statisch oder beweglich, und hast mehr oder weniger sofort eine Idee der Entfernung. Und zwar nicht in "nah / weit / elendweit", sondern in "gut 20m, max vielleicht knapp 22". Diese Info ist fürs Treffen so entscheidend und hilfreich, dass man das aus dem Kopf nicht rausbringt. Selbst wenn ein Ziel schräg auf dich zufährt, die Entfernung sich also stark ändert, wirst du ganz bewusst an einer vorher festgelegten Stelle schießen.

Drum trifft ein Systemschütze auch selten einen fliegenden Vogel oder eine Drohne. Die Fasan-Jäger waren wohl alle instinktiv unterwegs inkl. der Einschätzung, welche Kurve das Vieh wohl fliegen wird.
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Offline roscho

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@kungsörn: danke für den Beitrag

@Landbub:
Zitat
Ernsthaft: Hast Du einmal Entfernungen schätzen gelernt und dieses in Fleisch & Blut übernommen, ist die Intuition kaputt.

Das ist eben auch meine Befürchtung .. wenn ich mir angewöhne/trainiere bewusst mit Rechnen an das Schiessen ran zu gehen, schade ich meinem Instinkt ..

Bogenschiessen ist einfach, aber nicht leicht ;)

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* Albert Einstein


Offline Landbub

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@kungsörn: danke für den Beitrag

@Landbub:
Zitat
Ernsthaft: Hast Du einmal Entfernungen schätzen gelernt und dieses in Fleisch & Blut übernommen, ist die Intuition kaputt.

Das ist eben auch meine Befürchtung .. wenn ich mir angewöhne/trainiere bewusst mit Rechnen an das Schiessen ran zu gehen, schade ich meinem Instinkt ..

Wenn Du nun aber keine bewegten Ziele treffe musst, wirst du das als Vorteil sehen. Ich kenne wirklich gute Instiktivlinge. Auf Parcours, wo die Entfernungen schwer zu schätzen sind oder jenseits der mir vertrauten max 30 WA Meter, sind die oft besser als ich. In der Halle aber, 18m 40er, komm von denen niemand regelmäßig über die 470. Normal gute BB Schützen sind bei 500+. Und auf gut schätzbare Entfernungen bei 3D haben die auch kaum eine Chance.
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Offline kungsörn

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Landbub:
Dass man die Entfernung in einer konkreten Einheit (Meter) definiert, ist m.E. nicht unbedingt der ausschlaggebende Faktor.
Wenn du dein Visier abschraubst oder deine Visierhilfe (Pfeilspitze) ausblendest, nützt ja diese Info - in Ermangelung eines Bezugspunktes - nichts mehr.

OK. Visuell Ausblenden geht schlecht, höchstens mit Dunkelheit oder irgendeiner speziellen Brille. Aber üben könnte man das doch bestimmt auch ohne solche Hilfen.
Z.B. indem man sich bewusst auf den imaginären „kleinen roten Punkt“ auf der sonst strukturlosen Auflage konzentriert, die nur ein paar Meter weit steht.

Ich hab übrigens auch mal GAP probiert. Es kam mir aufwendig und vor allem „spaßhemmend“ vor.
Außerdem hätte ich auf meinen mediterranen Griff verzichten müssen. Deshalb habe ich es gelassen.

Aber ist das anders herum wirklich so schwer?
Würde das weiter bedeuten, dass ein rein olypischer Schütze Vorteile beim erlernen hätte?
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Offline Waldgeist

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Aufgrund dessen, dass mein rechtes Auge nur mit einer shr eingeschränkten Sehschärfe ausgestattet ist, fehlt mir das räumliche Sehen ohnehin. Mit anderen Worten: Das Thema "Entfernung einschätzen" funktioniert bei mir ausschließlich unter Zuhilfenahme von Messhilfen (Bandmaß, Laser, ...). Insofern bin ich darauf angewiesen, dass mein fest installierter Rechner/Speicher sich durch permanentes Üben stets auffrischt.  Insofern gefällt mir die Einführung der Begrifflichkeit einer "Automatik". Und ich kann bestätigen, dass sie auch (noch!) funktioniert.
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Offline Landbub

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Aufgrund dessen, dass mein rechtes Auge nur mit einer shr eingeschränkten Sehschärfe ausgestattet ist, fehlt mir das räumliche Sehen ohnehin. Mit anderen Worten: Das Thema "Entfernung einschätzen" funktioniert bei mir ausschließlich unter Zuhilfenahme von Messhilfen (Bandmaß, Laser, ...). Insofern bin ich darauf angewiesen,

Zum Schätzen reicht ein Auge. Also wenn man über das "Strecke halbieren" raus ist und per Strahlensatz einen festen Bezugspunkt am Bogen zur Größe des Zieles nimmt. Setzt natürlich voraus, dass man die Größe der Ziele einigermassen kennt. Was bei Feldbogen gut dokumentiert ist (gibt nur 4 verschiedene) und bei 3D halt ein wenig gelernt werden muss.
Ich hab meine Methode mal angehängt (Masse sind "Ar* - Brust"), Entfernung gemessen wird mit Hilfe des Buttongewindes. Muss man auch kaum as rechnen
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Offline Landbub

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deine Visierhilfe (Pfeilspitze) ausblendest, nützt ja diese Info - in Ermangelung eines Bezugspunktes - nichts mehr.
OK. Visuell Ausblenden geht schlecht, höchstens mit Dunkelheit oder irgendeiner speziellen Brille. Aber üben könnte man das doch bestimmt auch ohne solche Hilfen.

Mag an fehlender Konsequenz liege, aber ich bekomme die Pfeilspitze nicht aus dem Zielbild raus. Genauso der Sehnenschatten. Und es geht vielen so.

Aber ist das anders herum wirklich so schwer?
Würde das weiter bedeuten, dass ein rein olypischer Schütze Vorteile beim erlernen hätte?

Was meinst Du mit Erlernen? Falls das gemeint ist: Visierschießen ist sehr viel einfacher zu erlernen als instinktiv. Eine gewisse Ernshatftigkeit bei der Ringe-Jagd vorausgesetzt. Die guten Instubktivschützen trainieren jeden Tag auf diverse Entfernungen.
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Offline kungsörn

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deine Visierhilfe (Pfeilspitze) ausblendest, nützt ja diese Info - in Ermangelung eines Bezugspunktes - nichts mehr.
OK. Visuell Ausblenden geht schlecht, höchstens mit Dunkelheit oder irgendeiner speziellen Brille. Aber üben könnte man das doch bestimmt auch ohne solche Hilfen.

Mag an fehlender Konsequenz liege, aber ich bekomme die Pfeilspitze nicht aus dem Zielbild raus. Genauso der Sehnenschatten. Und es geht vielen so.

Aber ist das anders herum wirklich so schwer?
Würde das weiter bedeuten, dass ein rein olypischer Schütze Vorteile beim erlernen hätte?

Was meinst Du mit Erlernen? Falls das gemeint ist: Visierschießen ist sehr viel einfacher zu erlernen als instinktiv. Eine gewisse Ernshatftigkeit bei der Ringe-Jagd vorausgesetzt. Die guten Instubktivschützen trainieren jeden Tag auf diverse Entfernungen.
Ich meine das Erlernen des instinktiven (automatischen) Schießens.
Da der olympische Schütze womöglich nie ohne Visier Schießt und auch tiefer ankert, müsste er doch beim Erlernen der "einfachen" Technik Vorteile haben.
Schließlich hat ihn die Spitze bisher nicht interessiert.

Um beim Thema zu bleiben:
Problematisch ist natürlich, wenn man den Nutzen des ganzen ausschließlich in der Punktzahl sieht.
Falls der Aufwand zum Erlernen für einen Systemschützen (sofern überhaupt möglich) extrem groß ist, bringt das Training des Automatischen zumindest kurzfristig wohl keinen Vorteil.
Zumindest wenn man bedenkt, dass dafür ggf. keine zusätzliche Trainingszeit zur Verfügung steht.
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Offline roscho

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Wo sind denn hier die Flinten und Büchsenschützen wenn man sie mal braucht   :unschuldig:

Zitat Landbub:

Zitat
Was meinst Du mit Erlernen? Falls das gemeint ist: Visierschießen ist sehr viel einfacher zu erlernen als instinktiv. Eine gewisse Ernshatftigkeit bei der Ringe-Jagd vorausgesetzt. Die guten Instubktivschützen trainieren jeden Tag auf diverse Entfernungen.

Das glaube ich nicht, es ist nur anders. Gib einem halbwegs talentierten (sprich mit einer guten Hand-Augen-Koordination und einem halbwegs passenden Körpergefühl) Anfänger einen Bogen in die Hand und lass bewegte Ziele (Pendel, Luftballons im Wind, Rollhasen etc) schiessen.


Nach einer Stunde geht das schon ganz gut .. unglaublich.

Probleme fangen dann an wenn du die dann auf Scheibe und Kopf "festlegen" willst/musst ..

Ich denke wirklich das sind 2 unterschiedliche Stile ... Baugefühl vs Kopfrechnen ;) ...
Klar brauchen beide um gut zu sein eine konstante Technik, auch ein "Instinktiver" muss an der Scheibe üben, am besten aber (denke ich) auf eine blanke oder einen Minipunkt (Focus), eben nicht auf Ringe ...

Bin aber mal echt gespannt wie es hier weiter geht
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Offline Rose🌹

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Alle denen ich das Roven/ Bogenschiessen beigebracht habe, schiessen auf den Frosch.
Erst aus 7, dann aus 10 und später aus 15 Meter.
Wenn das gut aussieht, kommt etwas später das Pendel,  oder sogar der kreisende Golfball.
Ich komme über der Erfolge oft nicht aus dem Staunen raus.

Der erste gemeinsame Parcoursbesuch ist gekrönt von Erfolg und Spaß.

Doch irgendwann versucht jeder sein Tun zu analysieren um besser zu werden,
und dann haben wir den Salat.

Heißt zurück auf Start.

Meine These, das Intuitive liegt uns, es ist Teil unserer Geschichte und Teil unseres Lebens, wie der Löffel zum Mund, wie Piti schön erklärt hat.

Denken ist sicher für viele Bereiche hilfreich, beim Sport, bzw. Bogenschiessen ist es eher hinderlich.

🌹


Offline Landbub

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Doch irgendwann versucht jeder sein Tun zu analysieren um besser zu werden,
und dann haben wir den Salat.


Das meine ich mit der "Ernsthaftigkeit in der Ringe-Jagd". Wer seinen Spass darin findet, Pfeile fliegen zu lassen und das Treffen der 10 oder 11 eher als "Bonus" sieht anstatt als das "verfehlte Ziel" wenn der Pfeil in der 8 oder gar 5 steckt - oder den Punkte komplett egal sind, der muss sich damit nicht beschäftigen.
Besser werden geht halt am einfachsten mit einem System, was mess- und korrigierbar ist.

Als ich mal mit 2 Arbeitskollegen auf den Parcours mitgenommen habe (kompette Anfänger), haben die am Brotzeittisch darüber gehirnt, welche Phasen und Vorgänge man wo in den Deming Cycle abbildet, um die "act" phase maximal effizient zu machen. (Wir sind Consultants...) . Man kann das Thema also auch so angehen :-) Jeder, wie er am besten kann.
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Offline aged younger

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.... erste gemeinsame Parcoursbesuch ist gekrönt von Erfolg und Spaß.

Doch irgendwann versucht jeder sein Tun zu analysieren um besser zu werden,
und dann haben wir den Salat.

 8)

Meine These, das Intuitive liegt uns, es ist Teil unserer Geschichte und Teil unseres Lebens, wie der Löffel zum Mund, wie Piti schön erklärt hat.

Denken ist sicher für viele Bereiche hilfreich, beim Sport, bzw. Bogenschiessen ist es eher hinderlich.

 :agree:



Offline kungsörn

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Ich kann es schon verstehen, dass ein Schütze, wenn er ein visuelles Zielsystem verinnerlicht hat, sich nur schwer aus diesem Verfahrensmuster lösen kann.
Erschwerend kommt dazu, dass man ja „instinktiv“ Verbesserungen erwartet, wenn man etwas ändert.

Der hohe geistige Aufwand (System zu automatisch) wird auch mittelbar nicht mit höheren Punkzahlen belohnt. Umgekehrt ist das anders.
Ich würde zusammenfassend mal die ketzerische These in den Raum stellen, dass ein ursprünglich Instinktiver, der dann ein Visiersystem erlernt, gewisse Vorteile gegenüber einem „reinen“ Systemschützen hat.
Ohne, das jetzt auf Kausalität geprüft zu haben, denke dabei an die Erfolge Bhutanischer Bogenschützen bei Olympia.

@Rose:
Der Vergleich mit dem Löffel hinkt etwas. Meine Kleine aß noch lange Zeit gern mit den Fingern (ja, auch Suppe…).
Fürs Training (Vorbereitung) braucht man schon Grips. Dass man nicht viel denken soll, gilt ggf. nur für den schnellen Wettkampf.

Intelligenz ist immer auch die Fähigkeit, zu zweifeln. Wenn du im Spiel mit dem Ball aufs Tor zuläufst, ist das mitunter sehr problematisch.
Die besten Stürmer im Fußball sind selten große Denker.

Im Grunde bin ich aber bei Dir. Die Frage ist wirklich, was uns Spaß macht.
Ich muss ja nicht mein Brot mit Bogenschießen verdienen. Deshalb kann ich mir den automatischen Stiel leisten.
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Offline Bambus

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  • Ich bin Choleriker, zeigs es aber nicht ...
Rosche: "verändert/verschlimmert/unterdrückt das statische Schiessen das Vertrauen in unserem Zielcomputer weil wir „denken/meinen“ uns ein Zielsystem suchen zu müssen …"

Aus meiner Sicht Erfahrung ein eindeutiges JA.
Das fängt schon mit dem Schießen auf dem Platz auf statische Scheiben an - es versaut mir das Vertrauen in den, wie du es nennst, "Zielcomputer". Ich falle in eine Rohform des Gap-shootings zurück. Und da helfen auch wechselnde Entfernungen wenig. Erst nach so ca. 3 Turnieren kommt dann die alte Sicherheit (=Vertrauen in den Zielcomputer) langsam wieder.
Was das Selbstvertrauen (und um genau das geht es hier - um das absolute Vertrauen in das eigene Gehirn und Körpergefühl) etwas verbessert ist wenn man auf dem Platz immer wieder den (imho blöden) Ankerpunkt wegläßt bzw. bewußt ignoriert. Bei diesen Schüssen muß ich mich wieder ganz auf das unbewusste Erfassen von Körper und Bogen, des Materials und der Umgebung verlassen (z.B. Druck im Bogenarm, Zug in Zugarm, Gefühl in den einzelnen Fingern, Stellung der Arme im Raum, Körperhaltung, Körperspannung, optische Erfassung des Ziels und des Raums zwischen Bogen und Ziel und was an sonstigen Variablen noch relevant ist) bzw. das Gehirn ist gezwungen, all diese Variablen in Bezug auf das Ergebnis des Schusses zu registrieren. Oder Z.B. immer mal wieder in der Hocke schießen, aus der Drehung (wie oben bereits geschrieben) heraus, auf der Wackelscheibe stehend... etc. , evtl. noch auf wechselnde Ziele nach Ansage und sonstige "Spielereien", hilfreiche Übungen die aber nicht das Turnierschießen ersetzen können.


Das Schießen auf Scheiben ist für den intuitiven 3D Schützen nur zum Konditionserhalt über die Zeit außerhalb der Turniere und der Turniersaison relevant, wenn man neues Material ausschießen will oder (auf max. 10m) wenn man sich das Körpergefühl bewußt machen und ins Unterbewußtsein übertragen möchte (blind schießen).


Zusammengefaßt: "Wer ankert ist nur zu faul zum üben". Denn das oben beschriebene intuitive Schießen erfordert konstantes üben über viele Jahre hin.


Und in weit stärkerem Maße gilt das für das Schießen auf bewegte Ziele. Hier kommt noch die Variable "Flugzeit des Pfeils" beim Zuggewicht des momentanen Auszugs hinzu, etwas was wie als "statische Turnierschützen" praktisch nie üben. Ich merke es an mir selber, bei Schüssen aug bewegte Ziele falle ich immer wieder in einen "bewußten Modus" zurück, überlege mir wie weit ich vorhalten muß und wann auslösen.


Ein Sonderfall sind die berittenen  Bogenschützen, die ebenfalls aus der (mehrfachen) Bewegung heraus schießen müssen, keine Zeit zum "ankern" haben und alle Variablen des Schusses "intuitiv" erfassen müssen, um treffen zu können.


Bitte nicht falsch verstehen, wer mit System schießt, visiert oder seine wie auch immer geartete Technik verwendet trifft auch (manchmal sogar besser) aber das ist etwas anderes als von Roscho oben angesprochen.
Vielleicht fällt mir ja noch was ein...