Archers Campfire

„Custom“ 3-piece TRB „Siral ‘Op“ von Kim As


Offline dersix

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Mein erster längerer Beitrag hier und auch meine erste Bogenvorstellung. Ich wünsche euch viel Vergnügen beim Lesen.

Wieso, weshalb, warum das ganze? Und ein bisschen zu mir und meinem Hintergrund.

Angefangen hat alles vor ca. 15 Jahren mit einem „Volkshochschulkurs Traditionelles Bogenschießen“. Der erste Bogen war dann schnell gekauft. Ein Samik Red Fox mit 40#. Natürlich viel zu stark für mich, aber bezahlbar und für 1-2 Besuche auf dem Parcour im Jahr sollte der schon reichen.  1-2x im Jahr? 😊… eher 1-2x die Woche… ich war angefixt. Die nächsten Jahre meines Bogendaseins waren geprägt von vielen Jahren Selbststudium, selbstgebauter Holzbögen und (nicht selbstgebauter) Reiterbogen. Irgendwann kam dann der Wunsch auf etwas „technisches“ auszuprobieren und somit fand ein Compound mit allem SchnickSchnack den Weg zu mir. Nachdem der allerdings mal eingestellt war, wurde er mir auch wieder schnell langweilig und hängt seitdem rum. Zwischendurch wurde immer wieder ein Holzbogen gebaut und ein Langbogen erworben. Im letzten Jahr hatte ich dann plötzlich Lust wieder was Neues auszutesten (Stringwalking) und ein Blankbogen wurde relativ günstig über Gebrauchteile aufgebaut. Das Blankbogenschießen (zum ersten Mal mit richtigem Trainer!) zeigte mir sehr schnell, wie schlecht mein Schießstil war. Ich habe so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Bogenarm zittern weil kein Kraftdreieck, kollabieren der Schulter, hoher Ellenbogen, Rückenspannung? Seither versuche ich meine Technik mithilfe meines Trainers zu verbessern, was mir auch tatsächlich zu gelingen scheint. Ich habe mich jetzt wieder von 18# auf 35# gesteigert und meine Form verbessert sich. Der Weg geht noch weiter, es gibt hier einige Baustellen die sich nach all den Jahren nicht so einfach abstellen lassen. Ich geb nicht auf…

Leider bekomme ich jetzt schon wieder dasselbe Gefühl wie damals mit dem Compound, treffen wird immer einfacher. Es fehlt mir die Herausforderung des intuitiven Schießens. Eigentlich will ich da wieder hin. Allerdings, jetzt mit besserer Form 😊.

Natürlich könnte ich jetzt einfach meinen Langbogen nehmen und quasi nahtlos weitermachen (was ich auch tue), aber aus Gesundheitstechnischen Gründen bin ich immer mehr mit dem Fahrrad unterwegs und da ist ein Prim bzw. Langbogen einfach etwas unhandlich. Die Lösung dieses Problems scheint mir in einem 3-teiligen Recurvebogen mit Holzmittelteil zu liegen. Der Bogen soll hauptsächlich mit dem Fahrrad zu den naheliegenden (10 - 20km) Parcours transportiert werden, muss also zu 100% Rucksackfähig sein. Dazu noch einen Bogenköcher (dazu später mehr), 6 Pfeile, Armschutz und ein Tab. Mehr braucht es nicht.

Die erste Überlegung war, ein 19“ ILF-Mittelteil zu kaufen und das mit meinen 30# ‘er WA vom Blankbogen auszurüsten. Gäbe somit einen 62“ Bogen.  Diverse Recherchen später wurde ich immer unsicherer, ob es mit dem angepeilten Zuggewicht von max. 35# noch hinhaut mit den 30# Wurfarmen. Zudem liebe ich dieses neutrale Griffstück des Blankbogen und anhand von Bildern im Netz ist es echt schwer sowas in Holz zu finden.
Also alles wieder von vorne...

Irgendwann, nach einem etwas längeren Besuch in der Werkstatt des zukünftigen Bogendesigner (aufräumen in meiner Werkstatt), einem sehr kurzen Gespräch mit der Finanzministerin („…schon wieder… du hast doch erst den… was willst du mit so vielen…“) und einem längeren, sehr netten Gespräch (ein Bier mit mir selbst), waren die nächsten Schritte klar. Es wird ein „Custombogen“ werden. Als Budget habe ich max. 50 € angepeilt.

Fortsetzung folgt...

Beste Grüße
Six


Offline dersix

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Teil 2:

Der ein oder andere hat es bestimmt schon aus der Überschrift erkannt um was für einen „Custombogen“ sich dieser Bericht dreht.
Beim Aufräumen der Werkstatt sind mir mehrere Teile in die Hände gefallen, welche sich dann beim Bier danach als die für mich vernünftigste Lösung darstellten um den TRB Wunsch zu erfüllen:

-   Der alte 62“ Samik Polaris mit 28# WA meines jüngsten
-   ein Reststück einer Nussbaum Leimholzplatte
-   ein alter FUSE Compoundbogenköcher für 6 Pfeile

Damit ist die Budgetfrage auch klar, Resteverwertung ist das Zauberwort. Leistungstechnisch war der Polaris nie schlecht und somit stand der „customisierung“ nichts mehr im Weg.

Die Idee war den Polaris aufzuhübschen und das Griffstück an meine Wünsche anzupassen. Ein Bogenköcher soll auch noch dran.

Als erstes wollte ich nur die riesigen Wurfarmschrauben durch schönere ersetzten. Dabei kam mir dann noch in den Sinn, die kompletten Wurfarmführungen zu entfernen und die gesamte Wurfarmbefestigung neu zu machen. Wenn wir dann schon dabei sind das Griffstück zu schleifen, machen wir den Bogen noch farblich passend zum noch zu entstehenden Nussbaum-Köcher. Überflüssige Löcher am Mittelstück werden geschlossen und neu benötigte bekommen Gewindeeinsätze.

Begonnen habe ich mit der Wurfarmbefestigung. Im Baumarkt fand ich geeignete 4mm Passstifte und ein Stückchen Stahlrohr mit 4mm Innendurchmesser. Das soll meine neue Verdrehsicherung der WA werden. Leider gibt es bei uns im Baumarkt keine Zollschrauben somit wurde hier eine Auswahl an verschiedenen 5/16-18 mit 1,5“ Länge in Schwarz bestellt. Mal schauen welche am besten passt.

Die Verdrehsicherung war recht einfach zu bauen. Man muss nur extrem aufpassen, das die Wurfarme sehr genau ausgerichtet werden so das es zu keinem Verzug bzw. schräglauf der Sehne kommt.
-   Mittelstück in der Ständerbohrmaschine ausgerichtet und ein 5mm Loch genau rechtwinklig oben und unten an passender Stelle durchgebohrt. Hier wurde dann das Stahlrohr mittels Eule 300 verklebt
-   Da die 5/16 Gewinde erhalten blieben, konnten jetzt die WA sauber ausgerichtet und dann wurde durch das eingeklebte Stahlrohr ein 4mm Loch ca. 5mm tief in die Wurfarme gebohrt. Hier wird dann der Passstift eingeklebt.
-   Am Ende kommt eine wackelfreie, genau passende Verbindung zu Stande. Der 4mm Stift dient nur als Verdrehsicherung, die Kraft wird ausschließlich von der 5/16 Schraube aufgenommen.

Die Bilder habe ich leider zu spät gemacht als alles schon fast fertig war:


Offline dersix

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Teil 3:

Bogenköcher aus Nussbaum

Bevor ich am Mittelstück sinnvoll weitermachen konnte, musste jetzt der Bogenköcher entstehen. Erst wenn der fertig ist, können die Befestigungslöcher mit den Gewindeeinsätzen gemacht werden.

Hier kommt das Reststück der Nussbaum Leimholzplatte ins Spiel. Ich wollte einen möglichst einfachen Köcher bauen. Das dieser am Ende doch noch so hübsch wurde war tatsächlich nicht geplant 😊. Der alte FUSE Köcher ist eigentlich genial hier. Er ist geeignet für Slimline und Standard Pfeile, lässt sich komplett zerlegen und ist stabil genug aufgebaut.

ToDo:
-   Sägen
-   Schleifen
-   Bohren
-   Ölen

Bilder sagen hier mehr als Worte



Offline dersix

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Teil 4

Finishen des Mittelstück

Nachdem der Köcher seine Befestigungen im Mittelstück bekommen hatte (anzeichnen, bohren, Gewindeeinsätze eicnschrauben) habe ich noch das Buttonloch von dem originale Gewindeinsatz befreit und ein passendes Stück Rundholz eingesetzt. Das Rundholz ist später nicht mehr sichtbar, da es im Bogenfenster durch ein Stück Pfeilanlageleder überdeckt wird. Auf der anderen Seite setzte ich ein 2 Cent Stück als „Emblem“ ein.

Der alte Klarlack des Mittelstück wurde abgeschliffen und das gesamte Teil wurde 2x mit Clou Wasserbeize Nussbaum behandelt. Dann einmal feinschleifen und das Ergebnis war ziemlich cool. Schöne Schattierungen im Holz wurden beim feinschliff sichtbar. Hab ich dann so gelassen und nicht nochmal nachgebeizt.
Ich verwende bei solchen Projekten sehr gerne ein mattes Osmo Hartwachsöl als Schutzschicht. Das bleibt schön griffig und ist recht abriebfest.

Wegen Lärmreduzierung habe ich noch ein dünnes Lederstückchen auf die Wurfarmaufnahmen geklebt. Das hat sich früher schon bewährt und funktioniert bestens.



Offline dersix

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Teil 5

Wurfarme und Fertig

Die Wurfarme sind im original ja brutal weiß und hässlich. Das musste geändert werden in ein schlichtes schwarz. 😉

Also wieder schleifen, um die Beschriftung loszuwerden. Hier muss sehr vorsichtig gearbeitet werden, so dass die Wurfarme nicht beschädigt werden. Dauert halt etwas…

Nebenbei wurde die Form bei der Wurfarmbefestigung an das neue Design des Mittelstück angepasst. Hier musste ich nur die Schräge leicht anpassen damit es optisch besser passt. Da ich nur im „nicht biegenden“ Bereich Material weggenommen habe sehe ich das recht unkritisch.

Nach der Schleiforgie wurden die Wurfarme noch 3x schwarz mit der Dose lackiert und dann gab es noch einen zweifachen matten Klarlack Überzug.

Leider hab ich hierzu keine Bilder.

Der Polaris bekam dann noch eine 14 Strang Fury von unserem Sehnenwurschtler und wird seither gerne und gut geschossen. Ich bin mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Der Bogen hat ca. 32# bei 30“ Auszug.
Als Pfeile kommen 700er Nijora Onawas in voller Länge mit 70gn Spitze zum Einsatz. Ergibt ziemlich genau einen 300gn Pfeil. Speedtest steht noch aus.

Zum Ende noch Bilder des fertigen Bogens. Ich hoffe er gefällt.




Offline roscho

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Sehr schön geworden und ganz sicher ein Unikat !
Bogenschiessen ist einfach, aber nicht leicht ;)

"Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk,
und der rationale Verstand ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen,
die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat."

* Albert Einstein


Offline Knorr

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Klasse! Ich mag solche upcycling Geschichten.
Habe vor vielen Jahren mal was ähnliches mit einem Ragim Impala gemacht. Der befindet sich jetzt noch im Besitz eines Freundes.
Vor allem der Köcher ist dir super gelungen und das zwei Cent Stück ist ein nettes Detail!
Klasse.
https://www.youtube.com/channel/UCPRH0DXP5mgQQtHd-iDctbg

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Offline Knorr

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PS: der Name des Bogens ist natürlich auch ein Gag!;-)
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Offline Clemens

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Ich dachte erst du hättest dich mit den "50€ Budget" verschrieben..  ;D
Super Projekt!


Offline BowLaw

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Ganz toll geworden - besonders das Mittelstück des Polaris.
Das macht ja wirklich Lust auf "Resteverwertung" ... ich hab da auch noch sowas herumliegen  :unschuldig:.


Offline Ari

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  • Hang me in the Tulsa County Stars
Saubere Arbeit und ein Danke für den Bericht!  :youRock:
Wenn du den Bogen in die Hand nimmst,
der Pfeil auf der Sehne liegt, ändert sich dein Leben! Instinkte werden geweckt, längst verschollen und unterdrückt. Du spannst den Bogen zum Kreis der alles umschließt
und im Moment des Lösens freigibt. Du bist der Bogen, du bist der Pfeil, du bist das Ziel!


Offline dersix

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Bin ja noch die Speedmessung schuldig,

Bogen 32# @ 30“

Pfeile
Skylon Radius 700; 31,5“, 80gn, 3-fach 4“  Befiederung, Pin Nocke
Gewicht 310gn

173 fps im Schnitt

Für nen 90€ Bogen gar nicht so schlecht 👍

Grüße
Six


Online kungsörn

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Ich mag auch dunkle Hölzer.
Nussbaum-beize ist bei Neonlicht etwas rötlich, sieht bei Tageslicht aber klasse aus.
Meinen Glückwunsch zu Schmuckstück. :GoodJob:
Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass der neue Bogen deutlich besser schießt, als der alte. ;)
Niemals fesselt mich ein Band, riegelt mich ein Riegel
Suchte meinesgleichen, fand nur Sünder ohne Zügel
(In Extremo, "Sünder ohne Zügel")